Volltext: Nachbar Ständestaat

mit demokratischer Überzeugung, die den autoritären Ständestaat ablehnte, aber auch die 
Unabhängigkeit Österreichs befürwortete. Doch als die Partei die Zusammenarbeit mit dem 
Heimatdienst suchte und schliesslich in der Vaterländischen Union aufging, gerieten deren 
Exponenten ins Schlepptau des Heimatdienstes. 
Die Bürgerpartei gilt als jene Partei, die allgemein stárker nach Osterreich und insbesondere 
hin zur Christlichsozialen Partei orientiert war, was auch mit dem politischen Umbruch und 
dem Aufgehen der Christlichsozialen Partei in der Vaterlándischen Front nicht abbrach. 
Wáhrend des ganzen Untersuchungszeitraums hielt die Bürgerpartei an der Unterstützung des 
austrofaschistischen ,,Stándestaats" fest. Die Ausschaltung des Parlaments sah die Partei in den 
österreichischen politischen Verhältnissen gerechtfertigt, das Vorgehen der Regierung in den 
Februarkàmpfen wurde als Abwehr gegen die Errichtung der ,Sowjetfiliale^ Osterreich 
verteidigt und allgemein die Kanzler Dollfuss und Schuschnigg als Führer Osterreichs, hinter 
denen die breite Bevölkerung steht, dargestellt. Aus der Abneigung gegen den 
Nationalsozialismus machte das Volksblatt keinen Hehl, womit das Blatt auch unverkennbar 
Stellung für das austrofaschistische Regime im Kampf gegen den Nationalsozialismus bezog. 
Die Darstellung des politischen Umbruchs Osterreichs als einzigen Weg aus der Blockade des 
,überspitzten Parlamentarismus" diente der Bürgerpartei ferner als probates Beispiel für die 
schadliche Wirkung von Proporz und Parteienwesen. 
Doch die Sympathiebekundungen der allgemein stárker nach Osterreich orientierten und 
insbesondere den Christlichsozialen nahestehenden Bürgerpartei zeichnen ein wider- 
sprüchliches Bild derselben. Der autoritáre Kurs Österreichs wurde befürwortet mit dem Bezug 
auf die spezifischen politischen Gegebenheiten Osterreichs, wührend für Liechtenstein die 
Bürgerpartei, trotz ihrer Abneigung gegen das Parteiensystem, an der monarchisch- 
demokratischen Verfassung festhielt. Andrerseits wurde die stándische Verfassung für 
Österreich befürwortet, aber aufgrund der hiesigen Besonderheiten in Liechtenstein abgelehnt. 
Darüber hinaus wurde in der Arbeit dargelegt, wie die Bürgerpartei in Bezug auf die berufs- 
ständische Ordnung stetig lavierte zwischen deutlicher Negierung und vager Befürwortung von 
entpolitisierten berufsständischen Gedanken. Einzig die sporadisch agierende Bürgerpartei- 
jugend Heimatbund „Jung Liechtenstein“ sprach sich in einer kürzeren Phase für den Stände- 
staat aus, verdeutlichte dabei aber ihre vollzogene Distanzierung von der Bürgerpartei. Die 
Regierungspartei war sich zudem bewusst, wie schwach der austrofaschistische ,, Ständestaat“ 
in der Bevölkerung verankert war. Somit ist für die Bürgerpartei zu schliessen, dass die stetige 
wohlwollende Haltung gegenüber dem Austrofaschismus die Partei in einen Rechtfertigungs- 
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