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Stelle unterhalb der Trübbachmündung, während
Fahrverlegungen in anderen gefällsarmen Flusstälern
des Alpenvorlandes wegen der Schwankungen des
Flusslaufes keine Seltenheit waren. Offensichtlich
haben der unverrückbare Prallhang des Schollbergs
im Zusammenwirken mit den Geschiebeablagerungen
des Trübbachdeltas eine feste Ortslage geschaffen, auf
die sich das Fahr stützen konnte. 17 Hier befand sich
auch eine Anlegestelle für die Flösse, die von Chur
nach Rheineck geführt wurden, und eine Flusszollstät
te, erstmals erwähnt 1489. 18 In der Folge siedelten sich
am Fahr auch die bereits erwähnte Sust [Warenablage
mit Umschlagplatz, liechtensteinisch «Zuschg»] sowie
Gasthöfe und weitere Häuser an. 19
Das Fahr besass als sog. Wagenfahr wie alle grösseren
Fähren sowohl einen Weidling als Personenschiff als
auch einen grösseren Nauen mit einer Ladebrücke,
auf der Fuhrwerke und Grossvieh übergesetzt werden
konnten. Soweit ersichtlich, wurde die Wagenfähre
zwischen den Ufern bis ins 19. Jahrhundert gerudert
oder gestachelt; erst nach der Rheinkorrektion wird
1869 ein Fährseil erwähnt, das wahrscheinlich zur
Wagenfähre gehörte. 20 Zum Übersetzen des Personen
schiffs wurde offenbar spätestens im frühen 19. Jahr
hundert ein Fährseil eingerichtet, an dem der Fähr
mann das Boot über den Fluss zog [vgl. Abb. 3]. 21
Rheinkorrektion, Eisenbahnbau und die erste
Brücke Mäls-Trübbach (1871-1972)
Mit der Eröffnung der modernen Rheintalstrasse
1821 22 begann sich der Verkehr immer mehr auf die
Schweizer Seite des Tals zu verlagern, und auf liech
tensteinischer Seite wuchs das Interesse an einem fes
ten Rheinübergang. «Grossräumig betrachtet, bestand
das grösste Interesse an einer Brücke bei Balzers. [...]
Damit wäre für den Verkehr aus Österreich nicht nur
die Möglichkeit geschaffen worden, die Luziensteig
zu umgehen, sondern auch eine optimale Verbindung
in Richtung Walenstadt entstanden.» Bereits 1843/44
unternahm Liechtenstein deshalb mit österreichischer
Unterstützung einen entsprechenden Vorstoss bei der
St. Galler Regierung. Dieser scheiterte jedoch an der
starken Opposition im Bezirk Werdenberg, wo man
nachteilige Auswirkungen auf den eigenen Verkehr
[das heisst wahrscheinlich eine Verkehrsverlagerung
auf das rechte Rheinufer] befürchtete. 23
1858 wurde die Eisenbahnlinie Chur-Rheineck er
öffnet, und Balzers erhielt mit dem Bahnhof im be
nachbarten Trübbach Anschluss an das entstehende
europäische Eisenbahnnetz. Vorerst blieb aber die
Rheinfähre die einzige Verbindung zwischen den
Ufern. «Wenn der [liechtensteinisch-österreichische]
Zollvertrag von 1852, mit dem sich die Balzner nie
recht befreunden konnten, eher hindernd auf den Ver
kehr der Fähre gewirkt hatte, so war durch den Bau der
Rheintallinie der SBB der Gedanke eines Brückenbau
es gefördert worden. Dazu kam, dass Balzers wegen
der Entfernung von Österreich und den Nachbaror
ten im Land eh und je auf eine Verbindung mit der
Schweiz angewiesen war. Sie bestand lange Zeit durch
das Rodfuhrwerk über den Luziensteig. Der Fuhrver-
kehr verlor aber mit dem Bahnbau seine Bedeutung,
und erst recht, als auch die Arlbergbahn fast zur glei
chen Zeit [1872] den Anschluss nach Buchs fand. Die
Gründung neuer Industrien in den [achtzehnhundert]
sechziger Jahren, die Verlagerung des Verkehrs u. a. m.
brachten Balzers in schwierige finanzielle Situationen.
[...] Möglichkeiten boten sich für Saisonarbeiter in der
Schweiz oder in den neu gegründeten Textilunterneh
men in der Nachbarschaft». 24
1866 entstand mit der Weberei in Azmoos linksufrig
ein Industriebetrieb, der zahlreichen Balznern Arbeits
plätze bot. Als dann wenig rheinabwärts zwischen
Vaduz und Sevelen eine Rheinbrücke geplant wurde,
bildete sich 1868 auch in Balzers ein Komitee, das den
Bau einer Rheinbrücke vorantrieb. Verzögert durch
einen Einbruch des Rheins im Jahr 1868, wurde das
Projekt 1870 gesichert und im folgenden Jahr ausge
führt.
Die Kosten des Bauwerks betrugen 25'100 Franken.
Die Gemeinde Wartau erbrachte einen Drittel; davon
sollten 4'000 Franken aus freiwilligen Beiträgen flies-
sen. Balzers verpflichtete sich, zwei Drittel der Baulast
zu tragen, erhielt aber einen Landesbeitrag von 10'000
Franken, eine landesfürstliche Spende von 2'500 Fran
ken sowie 3'300 Beiträge von Dritten; darunter be
fanden sich auch namhafte Beiträge aus Triesen und
Triesenberg, was insgesamt das weit ausgreifende Inte
resse am Brückenbau von Balzers unterstreicht. 25 Die
Lage der Brücke entsprach dementsprechend der Lage
des Fahrs nach der Rheinkorrektion; sie war bestimmt
durch die bestehenden Zufahrten und bildete den kür
zesten Weg zum Bahnhof und nach Sargans.