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Cornel Doswald
Im Schnittpunkt der regionalen Verkehrsbeziehungen:
50 Jahre Rheinbrücke Balzers - Trübbach
Am 23. November 2018 jährt sich die Eröffnung der
Strassenbrücke über den Rhein zwischen Balzers und
Trübbach zum fünfzigsten Mal. 1 Das selbstverständ
lich gewordene, nüchterne Bauwerk, das heute den
Anschluss an die Autobahn, das Erreichen des Ar
beitsplatzes oder den Einkauf im nächsten Einkaufs
zentrum sicherstellt, lässt nicht erkennen, dass es nur
den derzeitigen Entwicklungsstand einer viel älteren
und früher ganz anders gestalteten Verbindung bil
det. Diese hat im 19. Jahrhundert mit dem Anschluss
an die Eisenbahn über eine erste Rheinbrücke Mäls-
Trübbach eine Vorgängerin und mit dem Entstehen
einer leistungsfähigen Fährverbindung nach dem
Ausbau der Schollbergstrasse im Spätmittelalter eine
Grundlage erhalten. Beide wurden vor und nach der
Rheinkorrektion den schwierigen Geländeverhältnis
sen unterhalb der Rheinbiegung zwischen Ellhorn und
Schollberg abgenötigt. Unsere Leitfrage muss deshalb
lauten: Weshalb entstand hier überhaupt ein Rhein
übergang, und weshalb hatte er Bestand?
Abb 1: Die südorientierte Übersichtskarte des Zürcher Militärin
genieurs Johann Ardüser von 1632 demonstriert in eindrückli-
cher Weise die frühneuzeitlichen Verkehrsbeziehungen im Raum
von Schollberg und St. Luzisteig. Das Fahr am Schollberg ist
im unteren Teil des Kartenbilds dargestellt. Die ausgedehnten
Bündner Befestigungen an St. Luzisteig und Fläscherberg wurden
in dieser Form nie ausgeführt.
Verkehrsbeziehungen im oberen Alpenrheintal
Die Entwicklung des Rheinübergangs wurde ebenso
von den lokalen Bedürfnissen wie von den Ansprüchen
des Fernverkehrs beeinflusst. Einen überwiegenden
Einfluss hatte dabei die Entwicklung der Verkehrswe
ge auf dem linken Rheinufer.
Die rechtsufrige Rheintalstrasse war seit der Römer
zeit die dominante Fernstrasse durch das Alpenrhein
tal. 2 Dies war der Tatsache zu verdanken, dass sie sich
vom Bodensee bis Chur immer auf derselben Seite des
Flusses halten konnte und ihr mit der St. Luzisteig nur
ein einziger, leicht zu überwindender Pass entgegen
stand. Im Mittelalter bildete sich auf ihrer Grundlage
mit dem Rodfuhrwesen eine transalpine Transportor
ganisation vom Bodensee bis an den Alpensüdrand he
raus. Sie stützte sich auf die lokalen Transportorganisa
tionen der sogenannten Roden, in Graubünden auch
Porten genannt, die den etappenweisen Transport der
Handelsgüter durchführten und auch für den Strassen-
unterhalt verantwortlich waren. In der frühen Neuzeit
wurden sie durch die schnelleren Strackfuhren er
gänzt, mit denen Spediteure Güter in einem Zug über
die gesamte Strecke führten, wofür sie eine Abgabe an
die Roden zu leisten hatten. 3
Es ist dagegen unwahrscheinlich, dass in römischer
Zeit linksufrig mehr als nur lokale Verbindungswege
durch das teilweise recht dünn besiedelte Gebiet links
des Rheins führten. Eine römische Vorgängerin der
alten Schollbergstrasse liess sich nicht nachweisen. Die