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sen. Kooperationen werden sich fortsetzen, weil gesell
schaftliche und ökonomische Veränderungen, überge
ordnetes Recht, nicht an Gemeindegrenzen gebundene
Aufgaben oder ganz einfach Sachzwänge wie vielleicht
der Mangel an geeigneten Personen zur Besetzung von
Gemeindeämtern diese erfordern.
Uber eine landesweite Kooperation der Gemeinden
hinaus geht seit Jahrzehnten schon der Verein für
Abfallentsorgung [KVA] mit Sitz in Buchs, dem heute
42 Ortschaften, darunter alle Liechtensteiner Gemein
den, angehören. Der jüngere Verein «Agglomeration
Werdenberg-Liechtenstein», bei dem auch alle Liech
tensteiner Gemeinden und der Staat mitwirken, verfolgt
eine regional verstärkte Zusammenarbeit, die gemeinsa
me Umsetzung von Entwicklungsperspektiven und eine
«effizientere» Erfüllung öffentlicher Aufgaben vor allem
in den Bereichen Verkehr, Siedlung und Landschaft.
Die Zusammenarbeit der Gemeinden ist ein Zukunfts
thema und Reformfeld ersten Ranges.
Entflechtung von Gemeinde- und
Staatsaufgaben
Die Entflechtung der Aufgaben zwischen Land und
Gemeinden ist ein altes Thema und muss konsequenter
vor sich gehen. Vieles wurde entflechtet, aber in zen
tralen Bereichen fehlt eine klare Zuständigkeits- und
Kompetenzverteilung zwischen Gemeinden und Staat.
Gemeinden sollen, wenn sie eine Aufgabe finanzie
ren, auch verantwortlich sein, und wenn sie mitfinan
zieren, auch mitentscheiden können. Vor allem in vier
zentralen Bereichen besteht, wie die Studie «Finanz
ausgleich» der Stiftung Zukunft.li zeigt, 12 Handlungs
bedarf:
• Im Bereich der Kindergärten und Primarschulen
haben die Gemeinden nur ein gewisses Mitspra
che- und Informationsrecht beim Stellenplan und
bei der Anstellung von Lehrpersonen, die «wirk
lich bildungsrelevanten Entscheidungen» werden
aber auf Landesebene getroffen. Das, obwohl die
Gemeinden neben der Infrastruktur die Hälfte
der Personalkosten und ein knappes Drittel für
Sonderschulung und pädagogisch-therapeutische
Massnahmen finanzieren.
• Die Gemeinden übernehmen die Hälfte der Auf
wendungen für Ergänzungsleistungen zur Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie
für das Betreuungs- und Pflegegeld für häusliche
Betreuung, «Rechtsetzung und Durchführung lie
gen aber zu 100 % beim Land».
• Ambulante und stationäre Alterspflege wird von
Land und Gemeinden gemeinsam finanziert, aber
das Land bestimmt «die wesentlichen organisato
rischen Regeln», wobei den Gemeinden «ein ge
wisses Mitspracherecht über die langfristige Aus
richtung» verblieben ist.
• Hilfsbedürftigen leistet die öffentliche Hand Sozial
hilfe [wirtschaftliche Hilfe]. Obwohl die Finanzie
rung je zur Hälfte von Gemeinden und Land ge
leistet wird, erfolgt der Vollzug ausschliesslich durch
das Land. Den Gemeinden verblieb noch ein Infor
mationsrecht darüber, welche Personen warum und
in welchem Umfang unterstützt werden.
Die Studie stellt fest, dass «die Übereinstimmung
von Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung hier
nicht gegeben» ist und im Hinblick auf die Entflech
tung von Mischfinanzierungen entweder «beide Finan-
zierer gleichwertig auftreten können oder Verantwor
tung und Finanzierung in eine Hand übergehen». Die
Studie bringt auch einen beachtenswerten Diskussi
onsvorschlag, wie das mittels eines Abtausches von
Steuererträgen geschehen könnte.
Was nun?
Der Staat hat die Gemeinden ernst zu nehmen und
einzubeziehen. Gemeinden sind, wie es Job von
Nell ausdrückt, 13 «ein wichtiges Glied im System
der Machtbalance und ein Garant der freiheitlichen
Grundordnung». Die Gemeindeautonomie fördert
Subsidiarität und Bürgernähe, indem sie der Einwoh
nerschaft demokratische Mitwirkung und direkte
Mitgestaltung ermöglicht.
Es ist aber fragwürdig, mit Berufung auf die Gemeinde
autonomie eigene Wege zu verfolgen, wenn man die
betreffende Aufgabe gemeinsam oder mit anderen im
Interesse der Gemeinde selbst besser lösen kann. Sie
darf nicht die «heilige Kuh» sein, dank der Lösungen,
die den Einsatz aller erfordern, verhindert werden.
Andererseits sollen die Gemeinden im ureigenen Inte
resse den Freiraum, den sie haben, pflegen und nutzen,
und bestrebt sein, das, was sie selber tun können, auch
selber zu tun. Nicht immer ist die Ausgliederung
gemeindlicher Aufgaben an gemeindeübergreifende