Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2017) (2017)

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sen. Kooperationen werden sich fortsetzen, weil gesell 
schaftliche und ökonomische Veränderungen, überge 
ordnetes Recht, nicht an Gemeindegrenzen gebundene 
Aufgaben oder ganz einfach Sachzwänge wie vielleicht 
der Mangel an geeigneten Personen zur Besetzung von 
Gemeindeämtern diese erfordern. 
Uber eine landesweite Kooperation der Gemeinden 
hinaus geht seit Jahrzehnten schon der Verein für 
Abfallentsorgung [KVA] mit Sitz in Buchs, dem heute 
42 Ortschaften, darunter alle Liechtensteiner Gemein 
den, angehören. Der jüngere Verein «Agglomeration 
Werdenberg-Liechtenstein», bei dem auch alle Liech 
tensteiner Gemeinden und der Staat mitwirken, verfolgt 
eine regional verstärkte Zusammenarbeit, die gemeinsa 
me Umsetzung von Entwicklungsperspektiven und eine 
«effizientere» Erfüllung öffentlicher Aufgaben vor allem 
in den Bereichen Verkehr, Siedlung und Landschaft. 
Die Zusammenarbeit der Gemeinden ist ein Zukunfts 
thema und Reformfeld ersten Ranges. 
Entflechtung von Gemeinde- und 
Staatsaufgaben 
Die Entflechtung der Aufgaben zwischen Land und 
Gemeinden ist ein altes Thema und muss konsequenter 
vor sich gehen. Vieles wurde entflechtet, aber in zen 
tralen Bereichen fehlt eine klare Zuständigkeits- und 
Kompetenzverteilung zwischen Gemeinden und Staat. 
Gemeinden sollen, wenn sie eine Aufgabe finanzie 
ren, auch verantwortlich sein, und wenn sie mitfinan 
zieren, auch mitentscheiden können. Vor allem in vier 
zentralen Bereichen besteht, wie die Studie «Finanz 
ausgleich» der Stiftung Zukunft.li zeigt, 12 Handlungs 
bedarf: 
• Im Bereich der Kindergärten und Primarschulen 
haben die Gemeinden nur ein gewisses Mitspra 
che- und Informationsrecht beim Stellenplan und 
bei der Anstellung von Lehrpersonen, die «wirk 
lich bildungsrelevanten Entscheidungen» werden 
aber auf Landesebene getroffen. Das, obwohl die 
Gemeinden neben der Infrastruktur die Hälfte 
der Personalkosten und ein knappes Drittel für 
Sonderschulung und pädagogisch-therapeutische 
Massnahmen finanzieren. 
• Die Gemeinden übernehmen die Hälfte der Auf 
wendungen für Ergänzungsleistungen zur Alters-, 
Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie 
für das Betreuungs- und Pflegegeld für häusliche 
Betreuung, «Rechtsetzung und Durchführung lie 
gen aber zu 100 % beim Land». 
• Ambulante und stationäre Alterspflege wird von 
Land und Gemeinden gemeinsam finanziert, aber 
das Land bestimmt «die wesentlichen organisato 
rischen Regeln», wobei den Gemeinden «ein ge 
wisses Mitspracherecht über die langfristige Aus 
richtung» verblieben ist. 
• Hilfsbedürftigen leistet die öffentliche Hand Sozial 
hilfe [wirtschaftliche Hilfe]. Obwohl die Finanzie 
rung je zur Hälfte von Gemeinden und Land ge 
leistet wird, erfolgt der Vollzug ausschliesslich durch 
das Land. Den Gemeinden verblieb noch ein Infor 
mationsrecht darüber, welche Personen warum und 
in welchem Umfang unterstützt werden. 
Die Studie stellt fest, dass «die Übereinstimmung 
von Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung hier 
nicht gegeben» ist und im Hinblick auf die Entflech 
tung von Mischfinanzierungen entweder «beide Finan- 
zierer gleichwertig auftreten können oder Verantwor 
tung und Finanzierung in eine Hand übergehen». Die 
Studie bringt auch einen beachtenswerten Diskussi 
onsvorschlag, wie das mittels eines Abtausches von 
Steuererträgen geschehen könnte. 
Was nun? 
Der Staat hat die Gemeinden ernst zu nehmen und 
einzubeziehen. Gemeinden sind, wie es Job von 
Nell ausdrückt, 13 «ein wichtiges Glied im System 
der Machtbalance und ein Garant der freiheitlichen 
Grundordnung». Die Gemeindeautonomie fördert 
Subsidiarität und Bürgernähe, indem sie der Einwoh 
nerschaft demokratische Mitwirkung und direkte 
Mitgestaltung ermöglicht. 
Es ist aber fragwürdig, mit Berufung auf die Gemeinde 
autonomie eigene Wege zu verfolgen, wenn man die 
betreffende Aufgabe gemeinsam oder mit anderen im 
Interesse der Gemeinde selbst besser lösen kann. Sie 
darf nicht die «heilige Kuh» sein, dank der Lösungen, 
die den Einsatz aller erfordern, verhindert werden. 
Andererseits sollen die Gemeinden im ureigenen Inte 
resse den Freiraum, den sie haben, pflegen und nutzen, 
und bestrebt sein, das, was sie selber tun können, auch 
selber zu tun. Nicht immer ist die Ausgliederung 
gemeindlicher Aufgaben an gemeindeübergreifende
	        

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