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Krankenbericht Wilhelm Schlegel zu Theresia Eberle
(1873-1887), an Typhus verstorben 2
«Unterzeichneter begab sich den 30. Juli zu Folge Auftrags von
Seite der hohen Regierung nach Balzers behufs Erhebung der Ur
sachen des Auftrettens von <Typhus>.
Begleitet vom behandelnden Arzt Dr. Saxer (in Trübbach) besuchte
ich das sich im 15. Jahre befindende typhuskranke Mädchen The
res Eberle bei ihrem Stiefvater Albert Wolfinger.
Therese Eberle liegt in einem reinen Bett, ist sehr schwächlich
gebaut, Puls 120, Temperatur 39,2 Grad Celsius, alle Symptome
stellen Typhus fest.
Die Wohnung ist rein gehalten, luftig, Abort und Jauchekasten
wurden früher entleert und desinficiert, in den 2 kleinen gewölb
ten Kellerräumen mag der Boden etwas feuchten.
Das Flaus liegt auf der südlichen Seite an der Strasse, welche von
Balzers nach Meis führt, gleich ausserhalb des Dorfes, wo dieselbe
eine Biegung in der Richtung nach Meis macht, steht frei, das Ge
biet, welches südlich und nördlich der nach Meis führenden Stras
sen liegt, ist Riet und Torfboden, ist in Folge der tiefliegenden Lage
immer mehr [oder] weniger feucht, indem zum Wasserabflüsse
sehr wenig Gefäll vorhanden ist.
Das Flaus selbst hat keinen eigenen Brunnen, entnimmt das Trink
wasser aus dem vorbeifliessenden Bache, welcher von den weiter
nach oben liegenden Quellen herunterfliesst und gutes Trink
wasser ist, allein dasselbe wird verunreinigt durch Einfluss von
schmutzigem, Jauche haltigem Abflusswasser, welches durch ein
Gräblein vom Brunnen neben der Post in den oben angeführten
Bach geleitet wird, hart unterhalb dieser Einflussstelle wurde bis
nun das Trink- und Küchenwasser ausgeschöpft. In Verbindung
[mit] der ungünstigen Lage des Hauses in dem tief gelegenen
Riedboden dürfte die angeführte Verunreinigung des Trinkwassers
die Hauptursache der typhösen Erkrankung des Mädchens liegen.
Es wurden schon durch College Dr. Saxer die nothwendigen Mass-
regeln wegen Wasserverschleppung verfügt, die erforderlichen
Desinfectionen werden gemacht. Albert Wolfinger wurde ange
wiesen, das Trink- und Küchenwasser aus dem Bache eine Strecke
oberhalb des Einflusses des Jauchewassers auszuschöpfen.
Zutritt fremder Personen wurde untersagt, Lehrer Feger, welcher
hier zu Tisch war, wurde schon durch Dr. Saxer bedeutet, das Haus
bis auf Weiteres nicht mehr zu besuchen.»
Krankenbericht 1889 Wilhelm Schlegel zu Peter Gstöhl,
Alois Frick und Andreas Vogt 3
«1. Bei Peter Gstöhl selg. bei Hsnr. 76 neu waren die Frau und der
Sohn an Typhus erkrankt, die selben sind nun wieder gesund.
Vor dem Hause gegen die Strasse so wie im Höfle bei dem Stalle
liegen alte Düngerhaufen in offenen Jauchelachen. Der vor dem
Hause neben der Strasse laufende Abzugsgraben ist angefüllt mit
Morast, so dass das Regenwasser mit der in dasselbe von allen
Seiten einfl¡essenden Jauche keinen Abfluss hat, zum Theile in
den Untergrund der Häuser versickert, zum Theile verdunstet und
der Luft den Fäulnissgestank mittheilt. Über der Strasse ist ein
Pumpbrunnen, in welchen ebenfalls unreines Sickerwasser kommt
und von welchem die Leute das Koch- und Trinkwasser holen.
2. Bei Alois Frick in Meis bei Hsnr. 70 war die Frau an Typhus krank,
nun ist selbe wieder gesund.
Hier liegen gleiche Verhältnisse wie bei Peter Gstöhl selg. Woh
nung vor. Hinter dem Haus geht ein Kanal mit Messendem Wasser,
dies scheint mir für Wohnung Nr. 70 weniger gesundheitsschädlich
zu sein, im Falle der Unterbau des Hauses dadurch nicht feucht
wird. Auf der Südseite des Hauses ist die Retisade mit schlechtem
Jauchebehälter, wodurch Typhuserreger (Baden) erzeugt werden
können.
3. Bei Hausnr. 30 neu ist Andr. Vogt an Typhus erkrankt, nun re-
convalescent.
Die Localverhältnisse sind folgende: Hinter dem Haus ist ein
Mistlager mit Jauchekasten, zugleich mündet in diesen der Abort
ein. Mistlager, Jauche mit Abortexcrementen bilden einen Brei
tümpel, welcher einen stinkenden Fäulnissgeruch entwickelt.
Von den höher gelegenen Häusern in Iradug fl ¡esst das Wasser
bei Regen gegen das in der Tiefe gelegene Haus Nr. 30 neu durch
einen Graben herunter, durch einen Durchlass unter der Strasse
durch und bildet vor dem Hause einen kleinen Weiher, da von
hier wegen Anfüllung des Grabens mit Morast kein Abfluss mehr
stattfindet. Zu Folge dieser Stagnation einer grösseren Quantität
mit Jauche etc. verunreinigten Wassers muss dasselbe zum Theile
versickern, wodurch das Kellergeschoss des Hauses sehr feucht
ist, zum Theile verdunsten, wodurch sich die Luft in Verbindung
mit dem Fäulnissprozesse beim Mistlager mit Krankheitserregern
natürlicherweise sättigen muss.»
Zeitungsbericht zum verstorbenen Kaplan Othmar Hunold
(1826—1892) 4
«Balzers. (Korresp.) Heute den 29. November starb hier nach 1 tä
giger Krankheit der Hochw. Herr Kaplan Othmar Hunold, geb. den
16. Nov. 1826 in Oberurnen, Kt. Glarus. Er wirkte 28 Jahre gut und
segensreich in hiesiger Gemeinde und wird nun für seinen uner
müdlichen Eifer den Lohn im Jenseits empfangen.»
Krankenbericht 1896 Wilhelm Schlegel zu Leonz Eberle
(1883-1918) 5
«In Folge Anzeige vom 11. September von Herrn Dr. Saxer in Trüb
bach, dass der Knabe Leonz von Josef Anton Eberle in Mels-Bal-
zers Nr. 113 an Typhus abdominalis erkrankt sei, begab sich heute
der ergebenst Gefertigte dahin, um an Ort und Stelle den Augen
schein vorzunehmen.