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Bau der Wasserleitung in Mäls 1903
Der Bedarf für die Sanierung der Wasserversorgung im
Ortsteil Mäls war nicht geringer als in Balzers, doch
auch hier unterliess die Gemeinde konkrete Schritte.
Eine Aufforderung vom 28. November 1897 des Lan
destechnikers zu einer Stellungnahme liess die Ge
meinde unbeantwortet. Am 15. Januar 1899 machte
die Regierung der Gemeinde deswegen Vorwürfe: Die
Verbesserungen in Mäls wären «ganz leicht» durchzu
führen, doch fragte sich Landesverweser In der Maur,
ob es der Gemeinde damit «auch Emst» sei. 29
Wiederum brauchte es einen grosszügigen Landesfürs
ten, damit die Sache in Angriff genommen wurde: Im
April 1902 gewährte Johann II. aufgrund einer ent
sprechenden Lürsprache von Landesverweser In der
Maur der Gemeinde ein unverzinsliches Darlehen
von 30’000 Kronen, das in 20 Jahren zurückzuzahlen
war. 30 Welchem Lrankenbetrag würde dies heute in
etwa entsprechen? Bei einem Wechselkurs 1 Krone =
1 Lranken wären dies inflationsbereinigt etwa 300’000
Schweizer franken. Es fällt heute schwer sich vorzu
stellen, dass die Gemeinde Balzers diesen Betrag nicht
selber aufbringen konnte.
Bereits am 31. Juli 1903 berichtete das Liechtenstei
ner Volksblatt stolz über die fertigstellung der Was
serleitung:
«Am 28. des Monats fand die amtliche Kollaudation der
neuerbauten Wasserleitung in Mäls statt. Die amtliche
Überschau hat ergeben, daß diese Anlage genau nach den
genehmigten Plänen ausgeführt wurde und tadellos funk
tioniert. Die Herstellung erforderte einen Kostenaufwand
von 38’000 K. Das gut durchdachte Projekt wurde von
der Wasserleitungsfirma Kürsteiner in St. Gallen verfaßt
und hat nicht nur die Versorgung von Mäls mit Trink-
und Gebrauchs-Wasser, sondern auch die Herstellung
einer großem Anzahl von Hydranten für Feuerlöschzwe
cke vorgesehen. Mit diesem Werke ist auch für die Besse-
mng der Gesundheitsverhältnisse von Mäls, welche Ort
schaft bisher so häufig von Typhus heimgesucht worden
ist, in befriedigender Weise gesorgt worden. Es gebührt
daher vor allem Seiner Durchlaucht dem Landesfürsten,
welcher der Gemeinde Balzers zur Durchfühmng der
Wasserleitung ein unverzinsliches Darlehen von 30'000
K zu gewähren gemhte, der innigste Dank. Durch den Be
stand der Anlage ist für jede Haushaltung die Möglichkeit
geboten, das nötige Wasser direkt in das Haus einzuleiten
und es hat die Gemeinde, um solche Hausanschlüsse zu
erleichtern, in dankenswerter Weise den jährlichen Was
serzins für jeden derartigen Hausanschluß mit nur 5 K
festgesetzt. Leider ist bisher von der Möglichkeit, solche
Hausanschlüsse vorzunehmen, nur in wenigen Fällen Ge
brauch gemacht worden, was zum Teil wohl auch darauf
zurückzuführen ist, daß eine große Anzahl öffentlicher
Bmnnen hergestellt wurde. Indessen ist zu hoffen, daß
zukünftig von dem Vorteile, Hausanschlüsse zu bewerk
stelligen, in ausgiebiger Weise werde Gebrauch gemacht
werden.» 31
Inzwischen hatten sich bei der Wasserleitung im Orts
teil Balzers erhebliche Mängel herausgestellt, die beho
ben werden mussten. Vermutlich war die vom Landes
techniker geplante Wasserleitung nicht fachmännisch
genug geplant oder nicht entsprechend ausgeführt
worden. Die Balzner ersuchten wiederum ihren gross
zügigen fürsten um ein zinsloses Darlehen von 20’000
Kronen, 32 gewährt hat dieser schliesslich ein solches
in der Höhe von lO’OOO Kronen, das die Gemeinde
in 20 Jahresraten zurückzahlen musste. 33 Ausserdem
schenkte Johann II. der Gemeinde ein Darlehen von
lO’OOO Kronen, das er der Gemeinde 1868 anlässlich
der Hochwasserkatastrophe gewährt hatte. 34 Projektiert
wurde die Sanierung der Wasserleitung im Ortsteil Bal
zers wieder vom Büro Kürsteiner in St. Gallen, mit dem
man in Mäls gute Erfahrung gemacht hatte. Bereits im
Sommer 1905 wurde die Sanierung abgeschlossen.
Dank der neuen Wasserleitungen war es nun möglich,
die einzelnen Häuser an die Wasserleitung anzuschlies-
sen: ein Meilenstein in der Geschichte der Wasserver
sorgung von Balzers. Die Wassergebühren wurden auf
bescheidene fünf Kronen pro Jahr festgelegt. Bereits im
August 1905 sah sich die Regierung veranlasst, wegen
der eingerissenen Wasserverschwendung bei der Ge
meindevorstehung vorstellig zu werden. 35 Offenbar
liessen viele Balzner im Sommer das Wasser ständig
laufen, um möglichst frisches und kühles Wasser zu
bekommen. Der Ortsvorsteher wurde beauftragt, diese
Verschwendung abzustellen.
Sanierung der Abwässer als langfristige
Aufgabe
Dass das verschmutzte Abwasser bei der Ausbreitung
von Typhus ein grosses Problem darstellte, war spä
testens seit den 1880er-Jahren bekannt. Die Lösung
des Abwasserproblems war aber eine noch grössere