Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2016) (2016)

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gen gab es um diese Zeit noch mehrere Brutpaare im 
Liechtensteiner Rheintal. In der zweiten Hälfte des 
vergangenen Jahrhunderts wurde es dann viele Jahre 
still um diesen heimischen Exoten. Sein weiches und 
auffälliges «Upup-up», der Balzruf, der ein wenig an 
ein Schiffshorn im Nebel erinnert und ihm seinen wis 
senschaftlichen Artnamen Upupa epops gab, war nicht 
mehr zu hören. Zwischen 1950 und dem besagten Jahr 
2004 haben nur noch zweimal nachweislich Wiede 
hopfe in Liechtenstein gebrütet - beide Male in Bal- 
zers. 
Aber nicht nur in Liechtenstein, sondern in weiten Tei 
len Europas erlebte diese Vogelart einen erschrecken 
den Einbruch. Um sich die Ursachen dafür erklären 
zu können, muss man zuerst wissen, was Wiedehopfe 
zum Leben brauchen. Welche Lebensräume bevorzu 
gen sie? Wovon ernähren sie sich? Welche Ansprüche 
stellen sie an ihre Quartiere? Wer sind ihre Feinde und 
wer die Konkurrenten? Unter welchen klimatischen 
Bedingungen fühlen sie sich wohl? Es braucht das Zu 
sammenspiel vieler Faktoren, damit der Wiedehopf 
eine Art Lebensraum Endet und gedeiht, aber ein ein 
ziger Parameter kann dafür verantwortlich sein, dass 
er verschwindet. Was hatte sich also im besagten Zeit 
raum, in dem die Wiedehopfe als Brutvögel aus dem 
Rheintal und vielen anderen Regionen verschwanden, 
verändert? 
Vielfältige Landschaften gesucht 
In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts schritt 
die Intensivierung der Landwirtschaft ungeheuer 
schnell voran. Im Vergleich zu heute wurden damals 
wesentlich grössere Mengen an Insektiziden eingesetzt. 
Eine chemische Keule mit breitem Wirkungsspektrum 
sollte die landwirtschaftlichen Kulturen vor Fressfein 
den schützen. Parallel dazu rückte man lästigen Acker 
unkräutern mit Herbiziden zu Leibe. Äcker wurden 
grösser und Feldraine schmaler. Wiesen wurden durch 
intensivere Düngung fetter, der Grasanteil grösser und 
die blühenden Kräuter weniger. Die Landschaft ver 
änderte sich. Mit der Verarmung an landschaftlichen 
Strukturen wie Krautsäumen, gestuften Waldrändern 
oder artenreichen Magerwiesen nahm die Pflanzen 
vielfalt im Kulturland ab. Damit verringerte sich die 
Vielfalt und Menge der Insekten, von denen sich der 
Wiedehopf vorwiegend ernährt. In Weinbergen, am 
Feldrand, auf Wiesen und Weiden ist er zu Fuss un 
terwegs und stochert im Boden mit seinem langen, 
gebogenen Schnabel nach Beute. Maulwurfsgrillen, 
Engerlinge und grosse Raupen gehören zu seiner be 
vorzugten Nahrung. Aber auch Regenwürmer, Käfer 
und andere Insekten werden nicht verschmäht. 
Im selben Zeitraum hatten zahlreiche weitere Tierar 
ten starke Rückgänge zu verzeichnen und man kann 
davon ausgehen, dass die landschaftlichen Verände 
rungen und die knapper werdende Nahrung auch zum 
Verschwinden der Wiedehopfe beigetragen haben. 
«Als Liebhaber vielfältiger Kulturlandschaften mit lo 
ckerem Baumbestand stellt der Wiedehopf hohe An 
sprüche an seinen Lebensraum», betont der Ornitho 
loge Georg Willi im Gespräch. «Brutmöglichkeit und 
Nahrungsangebot müssen ausserdem nahe beieinander 
liegen.» Solange sein Weibchen beim Brüten ans Nest 
gebunden ist, bleibt der männliche Vogel Ernährer der 
Familie. Er ist als Alleinversorger auf ein ausreichendes 
Insektenangebot und kurze Wege angewiesen. 
Alte Bäume bieten Wohnraum 
Damit sind wir jetzt also bei einem weiteren wichtigen 
Faktor, dem Quartier. Wiedehopfe brüten in Höhlen 
oder Halbhöhlen. Natürlicherweise kommen diese 
in alten Bäumen vor, aber auch genügend geräumige 
Höhlen in Mauerwerk oder alten Schuppen werden
	        

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