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gen gab es um diese Zeit noch mehrere Brutpaare im
Liechtensteiner Rheintal. In der zweiten Hälfte des
vergangenen Jahrhunderts wurde es dann viele Jahre
still um diesen heimischen Exoten. Sein weiches und
auffälliges «Upup-up», der Balzruf, der ein wenig an
ein Schiffshorn im Nebel erinnert und ihm seinen wis
senschaftlichen Artnamen Upupa epops gab, war nicht
mehr zu hören. Zwischen 1950 und dem besagten Jahr
2004 haben nur noch zweimal nachweislich Wiede
hopfe in Liechtenstein gebrütet - beide Male in Bal-
zers.
Aber nicht nur in Liechtenstein, sondern in weiten Tei
len Europas erlebte diese Vogelart einen erschrecken
den Einbruch. Um sich die Ursachen dafür erklären
zu können, muss man zuerst wissen, was Wiedehopfe
zum Leben brauchen. Welche Lebensräume bevorzu
gen sie? Wovon ernähren sie sich? Welche Ansprüche
stellen sie an ihre Quartiere? Wer sind ihre Feinde und
wer die Konkurrenten? Unter welchen klimatischen
Bedingungen fühlen sie sich wohl? Es braucht das Zu
sammenspiel vieler Faktoren, damit der Wiedehopf
eine Art Lebensraum Endet und gedeiht, aber ein ein
ziger Parameter kann dafür verantwortlich sein, dass
er verschwindet. Was hatte sich also im besagten Zeit
raum, in dem die Wiedehopfe als Brutvögel aus dem
Rheintal und vielen anderen Regionen verschwanden,
verändert?
Vielfältige Landschaften gesucht
In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts schritt
die Intensivierung der Landwirtschaft ungeheuer
schnell voran. Im Vergleich zu heute wurden damals
wesentlich grössere Mengen an Insektiziden eingesetzt.
Eine chemische Keule mit breitem Wirkungsspektrum
sollte die landwirtschaftlichen Kulturen vor Fressfein
den schützen. Parallel dazu rückte man lästigen Acker
unkräutern mit Herbiziden zu Leibe. Äcker wurden
grösser und Feldraine schmaler. Wiesen wurden durch
intensivere Düngung fetter, der Grasanteil grösser und
die blühenden Kräuter weniger. Die Landschaft ver
änderte sich. Mit der Verarmung an landschaftlichen
Strukturen wie Krautsäumen, gestuften Waldrändern
oder artenreichen Magerwiesen nahm die Pflanzen
vielfalt im Kulturland ab. Damit verringerte sich die
Vielfalt und Menge der Insekten, von denen sich der
Wiedehopf vorwiegend ernährt. In Weinbergen, am
Feldrand, auf Wiesen und Weiden ist er zu Fuss un
terwegs und stochert im Boden mit seinem langen,
gebogenen Schnabel nach Beute. Maulwurfsgrillen,
Engerlinge und grosse Raupen gehören zu seiner be
vorzugten Nahrung. Aber auch Regenwürmer, Käfer
und andere Insekten werden nicht verschmäht.
Im selben Zeitraum hatten zahlreiche weitere Tierar
ten starke Rückgänge zu verzeichnen und man kann
davon ausgehen, dass die landschaftlichen Verände
rungen und die knapper werdende Nahrung auch zum
Verschwinden der Wiedehopfe beigetragen haben.
«Als Liebhaber vielfältiger Kulturlandschaften mit lo
ckerem Baumbestand stellt der Wiedehopf hohe An
sprüche an seinen Lebensraum», betont der Ornitho
loge Georg Willi im Gespräch. «Brutmöglichkeit und
Nahrungsangebot müssen ausserdem nahe beieinander
liegen.» Solange sein Weibchen beim Brüten ans Nest
gebunden ist, bleibt der männliche Vogel Ernährer der
Familie. Er ist als Alleinversorger auf ein ausreichendes
Insektenangebot und kurze Wege angewiesen.
Alte Bäume bieten Wohnraum
Damit sind wir jetzt also bei einem weiteren wichtigen
Faktor, dem Quartier. Wiedehopfe brüten in Höhlen
oder Halbhöhlen. Natürlicherweise kommen diese
in alten Bäumen vor, aber auch genügend geräumige
Höhlen in Mauerwerk oder alten Schuppen werden