Obeirheinische Nachrichten, 2. Januar 1915
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Elmar Bürzle
Vor 100 Jahren
5osif 25runlwirl,
Der am 28. Dezember in seiner Heimatgemeinde
Balzers unter allgemeiner Trauer dem kühlen Schoss
der Erde anvertraute Josef Brunhart, unser «Beppi»,
war der Sohn des Engelwirts und Vorstehers von
Balzers, Andreas Brunhart, und der Notburga geb.
Schlegel. Er war am 2. Jan. 1854 geboren, stand
mithin im 61. Lebensjahre, besuchte die Elementar
schule seines Geburtsortes, hernach zwei Jahre die
Landesschule in Vaduz. Unser Josef entschied sich
für das Baugewerbe und betätigte sich darin in der
Schweiz und beim Bahnbau in Liechtenstein in der
Beaufsichtigung der Bauarbeiten. Der wissensdurstige
Jüngling absolvierte sodann die Baugewerbeschule in
Stuttgart. Hernach führte er wieder mit dem Mass
stab als Szepter sein Regiment als Bauführer beim
Bahnbau im Schwarzwald [Herbrechtingen] und
im Eisass [Molsheim-Schirmeck]. Nach der Ueber-
schwemmung der Stadt Szegedin in Ungarn durch
die Theiss im Jahre 1879, führten ihn die Wieder
aufbauarbeiten dorthin. Zwei Jahre führte er dort
die Leitung des Theaterbaues, ebenso hernach ein
Jahr in Fiume. Der rastlos arbeitende und strebsame
junge Mann begab sich hierauf an die technische
Hochschule nach Stuttgart zurück und erwarb sich
mit Erfolg den Titel eines Architekten. Einige Jahre
arbeitete sodann Brunhart auf einem Mannheimer
Architektur-Bureau und im Jahre 1888 wurde er in
die rasch aufblühende Stadt Ludwigshafen a. Rh.
als Stadtbaumeister berufen. Diese Stadt verdankt
ihm manchen schönen Bau, und Brunhart hatte hier
reichlich Gelegenheit, seine Kenntnisse zu verwerten.
- Er tat es auch. Schon längst hatte die Stadtbehör
de erkannt, dass die Stadt einen äusserst tüchtigen
Beamten in Brunhart besitze und zur Anerkennung
hiefür wurde er zum Stadtbauinspektor befördert.
Reichlich 25 Jahre widmete sich Brunhart seiner
Tätigkeit, bis er im Jahre 1913 in den Ruhestand
übertrat. Was Brunhart in Ludwigshafen geleistet
und welche Anerkennung ihm hiefür gezollt wurde,
wissen wir, müssen es aber einer berufeneren Feder
zu schildern überlassen. Seit dem Jahre 1913 wohnte
er in Vaduz und wurde im Jahre 1914 vom Volke mit
grosser Stimmenzahl in den Landtag gewählt, der
ihn selbst wieder zu seinem Vizepräsidenten erkor. -
Brunhart war mit Bertha Schlegel verheiratet; seine
Frau ging ihm jedoch im Jahre 1913 im Tode voraus.
Brunhart war deutscher Reichsbürger und zugleich
liechtensteinischer Staatsbürger. - Dies der Lebens
lauf unseres teuren Verstorbenen.
Jos. Brunhart war ein rastlos arbeitender Mann, der
sozusagen in den Sielen starb. Rastlos arbeitete er
sich aus kleinen Verhältnissen zu einer geachteten
Stellung empor; rastlos arbeitete er als Beamter, rast
los in seiner letzten Zeit zum Wohle seines Heimat
landes. Wir erinnern nur daran, wie er vom Landtag
in alle Kommissionen hineingewählt wurde und auch
werktätig war. Brunhart liebte sein kleines Vaterland
über alles. Er, der in ganz andere Verhältnisse hinein-
und hinaufgewachsen war, vergass sein Land und sein
Volk nicht. Alle Jahre während seiner Ferien fand er
sich in seinem lieben Ländle ein. Das war ein schö
ner Zug. Aber unser teure Verstorbene hatte auch
Adel der Gesinnung. Wie manchem armen Manne
Brunhart unter die Arme griff, wissen wir nicht, - es
müssen aber deren viele sein!
Und diese seine edle Gesinnung und diesen seinen
schönen Zug hatte das Volk auch erkannt, zum
Danke dafür in richtiger Einschätzung seiner reichen
Erfahrungen berief es ihn in den Landtag. Dass er uns
daraus zu früh, allzufrüh entrissen wurde, hat allseits
und besonders bei denen, die das Glück hatten, ihn
näher zu kennen, schmerzliche Trauer hervorgerufen.
Und es mag ein Fingerzeig wie nicht minder eine
Fügung sein, dass ein Schlichter aus dem Volke am
Grabeshügel laut dachte.
Ehre seinem Andenken.