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Wie hier auf der
Darstellung «Aus-
ziehende Kinder in
Tirol» von Mathias
Schmid aus dem
Jahr 1868 wurden
auch die liechtenstei
nischen Schwaben
kinder auf ihrem
beschwerlichen Weg
ins Schwabenland
meist von Erwach
senen begleitet.
Alois II. aus dem Jahr 1842, vermochten die
Schwabengängerei armer Kinder nicht zu
verhindern. 7
während in Graubünden und Liechtenstein
professionelle Führer diese Aufgabe gegen
Bezahlung übernahmen. 9
Erst nach der Einführung von «Schulver-
säumnißlisten» durch Landesverweser Carl
von In der Maur (1852-1913) wurde eine
Besserung erzielt. Durch diese Massnahme
«hat sich der Schulbesuch gegen früher sehr
erheblich gebessert, zumal auch die Lehr
personen gezwungen sind, den Gründen
des Ausbleibens aus der Schule gewissen
hafter als vormals nachzuforschen.» 8
Die Wanderung der liechtensteinischen
Schwaben kinder
Wandertermine
Anfang des 19. Jahrhunderts begannen die
Wanderungen ins Schwabenland zu Mariä
Lichtmess (2. Februar) oder am Josehtag
(19. März). Am Ende des 19. Jahrhunderts
wurde aus Rücksicht auf die Winterschule
der Abreisetermin nach Oberschwaben auf
die Zeit nach Ostern verlegt.
Wanderführer und Wanderrouten
Zunächst wurden die zum Teil noch schul
pflichtigen Kinder von älteren Jugendlichen
angeführt. Diese hatten sich bereits früher
im Schwabenland verdingt und kannten
die dortigen Verhältnisse. Mit den behörd
lichen Vorschriften wuchsen auch die An
forderungen an die Begleitpersonen. So
wurden in Tirol und Vorarlberg die Kinder
bald einmal von älteren Verwandten oder
Bekannten nach Oberschwaben begleitet,
Vermutlich stammen einzelne liechtenstei
nische Vulgo-Namen aus dieser Zeit der
Schwabengängerei: «dr Schwääble» (Jo
hann Beck, 1822-1886, Triesenberg); «dr
Schwööbe Ferde» (Ferdinand Frick, 1829-
1900, Balzers) und «Schwööbjörg» (Johann
Georg Frick, 1840-1907, Balzers). 10
Die Bündner Schwabenkinder, meist Grup
pen von zehn bis dreissig Personen, hatten
bereits zwei bis drei Tage anstrengenden
Fussmarsch hinter sich, wenn sie, von der
St. Luzisteig kommend, in Balzers eintra
fen. Den armseligen Anblick der durchzie
henden Bündner Schwabenkinder nutzten
nicht wenige Eltern zu einer vorsorglichen
erzieherischen Drohung: «Buab, wänn d
ned folgescht, duat ma di is Schwoobaland».
Die Liechtensteiner Schwabenkinder wan
delten von ihren Dörfern aus zunächst zum
Kapuzinerkloster in Feldkirch oder zum
Kloster der Dominikanerinnen in Altenstadt,
wo sie um Speise und Trank sowie eine Un
terkunft bettelten. Die nächste Etappe führte
sie nach Lauterach oder Bregenz. Je nach
Höhe des «Zehrpfennigs» (erbetteltes Reise
geld) und nach geplantem Reiseziel ging es
zu Fuss oder mit dem Schiff weiter nach
Bayern, Württemberg oder Baden.
Durch die Inbetriebnahme der Schweizer
Rheintaleisenbahn (Rorschach-Chur) 1858
konnte der Weg ins Schwabenland zeitlich
7 Vgl. Burgmeier, S. 47.
8 Vogt, Rechenschafts
bericht des Landes
verwesers Carl von In
der Maur, S. 48.
9 Burmeister, S. 56.
10 Vgl. Bücher, S. 198
und 206. -
Burmeister, S. 56.