Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2012) (2012)

63 
Gutenberg und das Reichsstift Lindau 
im 16. Jahrhundert 
Karl Heinz Burmeister 
Die Vögte zu Gutenberg 
Ab dem Jahr 1470 übte die Adelsfamilie von 
Ramschwag für fast drei Jahrhunderte die 
sogenannte Burghut - den Wachtdienst - auf 
dem habsburgischen Schloss Gutenberg in 
Balzers aus. Als Vögte traten nachfolgend 
angeführte Personen dieser Adelsfamilie her 
vor: Ulrich von Ramschwag ( 1470—1518) 1 , 
Balthasar von Ramschwag (1518-1566) 2 , 
Georg Balthasar von Ramschwag (1566— 
1578) sowie Johann Kaspar von Ramschwag 
(1578—1617) 3 . Später folgten noch Johann 
Ulrich von Ramschwag (bis 1628, f 1659) 4 
sowie dessen Söhne Johann Donat von 
Ramschwag (“1612) und Franz Ulrich von 
Ramschwag (fl671 5 , in Balzers begraben), 
unter dem 1650 ein Schloss-Inventar ange 
legt wurde. 6 Zuletzt war Franz Ferdinand 
von Ramschwag ( 1680—1716) 7 Pfandherr der 
Burg Gutenberg. 
Nicht in dieser obigen Gutenberger Vogt 
liste enthalten sind zwei weitere Personen, 
die gleichfalls zur Familie gehörten: erstens 
Hektor I. von Ramschwag, österreichischer 
Vogt der Herrschaften Bludenz und Son 
nenberg, ein Bruder der Vögte Georg 
Balthasar und Johann Kaspar; zweitens 
dessen Sohn Hektor II. von Ramschwag, 
Hofmeister des Reichsstiftes Buchau in 
Oberschwaben. 
Das Reichsstift Lindau 
Das im 9. Jahrhundert gegründete Reichs 
stift Lindau war seit 1466 ein freiweltliches 
adeliges Damenstift. Die hier eintretenden 
Frauen aus dem schwäbischen Adel lebten 
wie in einer klösterlichen Gemeinschaft 
nach der Augustinerregel zusammen. Sie 
hielten täglich den Gottesdienst, verrichte 
ten den Chorgesang und das Chorgebet, 
hatten der Äbtissin gehorsam zu sein und 
waren, solange sie im Stift lebten, zur 
Keuschheit verpflichtet. Im Unterschied zu 
anderen Frauenklöstern stand es ihnen 
aber frei, jederzeit in das weltliche Leben 
zurückzukehren und zu heiraten 3 , wovon 
die Lindauer Chorfrauen überwiegend 
auch Gebrauch machten. Ein für das ganze 
Leben verpflichtendes Keuschheitsgelübde 
gab es in Lindau nicht. 
Sinn und Zweck dieser Einrichtung, die 
dem Adel Vorbehalten war, ist darin zu 
sehen, dass die adeligen Familien ihre 
Töchter nicht nur versorgt wissen wollten; 
vielmehr sollten ihnen im Kloster Bildung, 
Wissen und Fähigkeiten vermittelt werden, 
die sie zu begehrten Heiratskandidatinnen 
heranreifen Hessen. 
Die Leitung des Stiftes lag in den Händen 
einer Äbtissin, die den mit vielen Privile 
gien verbundenen Status einer Reichsfürs 
tin hatte. Es ist bekannt, dass im Mittelalter 
mehrere Äbtissinnen aus dem heutigen 
Fürstentum Liechtenstein dem Damenstift 
in Lindau vorgestanden sind: von 1291 bis 
1336 Guta von Schellenberg, von 1336 bis 
1356 Sigena von Schellenberg 9 sowie von 
1356 bis 1364 Katharina von Triesen 10 . Über 
viele Jahrzehnte hinweg lag das Schicksal 
des Lindauer Stiftes in den Händen von 
Frauen aus Liechtenstein. 
Die Konservatoren 
Das Reichsstift hatte ursprünglich eine 
beherrschende Stellung in Lindau. Seit 
dem 13. Jahrhundert hatte sich aber die 
Bürgerschaft von Lindau aus der Vorherr 
schaft des Klosters emanzipiert und den 
Status einer Reichsstadt erlangt. Seither 
standen sich Reichsstift und Reichsstadt im 
politischen Alltag als Gegner gegenüber. 
Der gesellschaftliche Gegensatz zwischen 
Adel und Bürgertum verstärkte diesen 
Konflikt. 
1 Siegel bei Walther P. 
Liesching und Paul 
Vogt: Die Siegel in den 
Archiven des Fürsten 
tums Liechtenstein bis 
zum Jahr 1700. 
In: Jahrbuch des His 
torischen Vereins für 
das Fürstentum Liech 
tenstein (im Folgen 
den: JBL) 85 (1985), 
Nr. 76. 
2 Lieschung/Vogt (wie 
Anm. 1), Nr. 77; Bal 
thasar ist nicht der 
Sohn Ulrichs, sondern 
ein Enkel. 
3 Ebenda, Nr. 79. 
4 Ebenda, Nr. 80. 
5 Franz Büchel: Beiträge 
zur Geschichte 
842-1942 [der] Ge 
meinde Balzers. 
Balzers 1987, S. 65. 
6 Abgedruckt bei Büchel 
(wie Anm. 5), S. 61-64. 
7 Büchel (wie Anm. 5), 
S. 65. 
8 Ferdinand Eckert: 
Vom Kampf des 
Lindauer Damenstiftes 
um seine «FreiWelt 
lichkeit» im 16. und 
17. Jahrhundert. In: 
Bodensee-Heimat- 
Schau 1931, S. 55. 
9 Zu diesen beiden Äb 
tissinnen vgl. Rolf 
Schmitt: Die Herren 
von Schellenberg. Ein 
süddeutsches Adels 
geschlecht zwischen 
Bayern und Schwaben. 
Diss. phil. Innsbruck 
1992, passim. 
10 Zu ihr vgl. Toni Ban- 
zer: Im Weinberg des 
Herrn. In: Bilder aus 
der Pfarrei Triesen. 
Triesen 1994, S. 53-80, 
hier S. 58.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.