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Zeit von 1850 bis 1860 verschwunden seien.
Meine Fragen nach den Umständen des
Verschwindens und dem allfälligen Ver
bleib konnte mir niemand beantworten.
Die wirklichen Gründe für Jauchs Weg
weisung aus Balzers sind erst eindeutig zu
klären, wenn diese Akten wieder auftau
chen. Mögliche Ursachen lassen sich aus
verschiedenen Briefen und Berichten her
auslesen:
- Seine Pläne waren zu gross, zu optimis
tisch und zu überschwänglich.
- Er war offenbar cholerisch und ungedul
dig veranlagt.
- Seine guten Absichten wurden nicht ver
standen.
- Sein Arbeitstempo war zu hoch.
- Der Versuch, die Bildung der Jugend
durch die strikte Einhaltung der Schul
pflicht möglichst schnell zu verbessern,
stiess auf Widerstand.
- Die Bauern und Handwerker fühlten sich
durch den Beizug von Spezialisten aus Un
garn, die ihnen moderne Methoden beibrin-
gen sollten, in ihrer Berufsehre gekränkt.
- Er begann den Bau des Hauses Guten
berg, noch bevor der Kaufvertrag unter
zeichnet war.
- Bei der Arbeitsvergabe kam es zu den
üblichen Streitereien um die Aufträge.
- Vom fürstlichen Beamten Nachiar wurde
ihm vorgeworfen, 500 Gulden nicht vor-
schriftsgemäss für den Bau des Hauses Gu
tenberg verwendet zu haben. Gegen diesen
Vorwurf weinte sich Jauch in seinen späte
ren Briefen aus Palermo vehement.
- Der Bau der Kapelle am Nordfuss des
Burghügels wurde ihm offenbar als
Eigenmächtigkeit ausgelegt.
- Pfarrer Bahl beschwerte sich beim Bi
schof in Chur, dass er von Jauch zu wenig
entlastet würde und dieser das Kirchen
amt wegen der vielen anderen Aktivitäten
vernachlässige.
- Nachdem der Bischof Jauch die Inkardi-
nation verweigert hatte, kam es seitens
der Sympathisanten und Befürworter
Jauchs zu Protestaktionen und persönli
chen Verunglimpfungen von Pfarrer Bahl,
was vom Bischof als unzulässige Gehor
samsverweigerung bezeichnet und scharf
verurteilt wurde.
- Ein Hinweis mag auch eine Stelle aus
einem Brief des ungarischen Agrarfach
manns Franz U. Ackermann sein, den die
ser nach seinem Weggang aus Balzers am
22. Dezember 1865 an den Zimmermeis
ter Anton Kaufmann geschickt hat:
... mir wäre es viel besser gewesen, wenn
mich Pater Jauch in Ungarn gelassen hätte,
wo ich war. Dort hatte ich ein angenehmes
Geschäft, und ein ziemlich einträgliches.
Was habe ich in Balzers Gutes gehabt? Alle
Tage Ärger, denn ich sah bald voraus, was
aus dem Ganzen sein werde. Ich habe mir
gleich von Anfang keine Hoffnung ge
macht, dass ich dort lange bleiben werde.
Denn dass die grossartigen Ideen, welche
Pater Jauch im Kopfe hatte, jemals würden
ausgeführt werden können, hat mir nie ein
mal geträumt. Bei der Frau Fürstin von
Liechtenstein und dem Fürsten bin ich na
türlich in kein lobenswertes Licht gestellt
worden, weil ich einmal Bericht an das
Fürstliche Haus über das Unternehmen in
Balzers geschrieben habe. Und des Herren
Jauch zu lieb habe ich mir die Ungunst des
Fürstlichen Hauses zugezogen.
Die liechtensteinische Landeshymne -
zur Entstehung des Textes
Bis jetzt konnten keine genauen Angaben
gefunden werden, in welchem Jahr seiner
Tätigkeit in Balzers Jakob Josef Jauch den
Hymnentext gedichtet hat. Da er in allen
Uändem, in denen er sich aufhielt, Natio
nalhymnen kennengelernt hatte, ist anzu
nehmen, dass er schon kurze Zeit nach sei
ner Ankunft in Balzers feststellte, dass
Uiechtenstein keine Uandeshymne besass.
Diesen Mangel wollte er mit der Dichtung
des folgenden Hymnentextes beseitigen.
Oberst am Deutschen Rhein
lehnet sich Liechtenstein
an Alpenhöhn.
Dies liebe Heimatland
im deutschen Vaterland
hat Gottes weise Hand
für uns ersehn.
Wo einst Sankt Luzien
Frieden nach Rätien
hineingebracht,
dort an dem Grenzenstein
und längs dem jungen Rhein
steht furchtlos Liechtenstein
auf Deutschlands Wacht.