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3 Berechnet man an
hand der Ergebnisse
von 1809 und der im
Pfarrbuch verzeichne -
ten Geburten und To
desfälle die Einwoh
nerzahl für 1815, so
kommt man auf
767 Personen (natürli
che Bevölkerungsbe
wegung ohne Ein- und
Auswanderung). Die
Volkszählung von 1815
ergab eine Einwohner
zahl von 752. Die Dif
ferenz zwischen den
Ergebnissen der bei
den Zählungen beträgt
somit lediglich 2 Pro
zent (15 Personen).
Was die Wanderungs
bilanz betrifft, ist an
zunehmen, dass diese
negativ war. Vgl. Ta
belle im Anhang, S. 19.
4 Ospelt, wie Anm. 1,
Anhang, S. 33.
Bei einem Vergleich der Angaben stellt man
zwischen einzelnen Zählungen
(insbesondere 1784/89, 1806/09, 1815/18)
grosse Sprünge fest: Diese wären nur plau
sibel, wenn zwischen den einzelnen
Erhebungen bedeutende
Wanderbewegungen (Ein- und auch
Auswanderungen) stattgefunden hätten.
Dies kann jedoch ausgeschlossen werden,
da solche Migrationen auch in anderen
Quellen einen Niederschlag gefunden hät
ten - beispielsweise müssten neue Famili
ennamen auftauchen. Ausserdem sind für
1815 die Fremden separat ausgewiesen: In
Balzers gab es lediglich 26 Ausländer und
Ausländerinnen (3,5%). Davon waren 11 Ein
zelpersonen (Knechte, Mägde u.Ä.), die an
deren 15 gehörten drei Familien an.
Die Verlässlichkeit der statistischen Anga
ben ist somit kritisch zu hinterfragen.
Volkszählungen wurden von den Betroffe
nen nicht geschätzt. Ganz offensichtlich
hatte der Zweck der Erhebung Einfluss auf
das Resultat: Waren mit einer höheren
Bevölkerungszahl steigende Lasten (v. a.
Unterhalt eines grösseren Truppenkontin
gents) verbunden, so war das offizielle
Ergebnis der Volkszählung zu tief (bei
spielsweise in den Jahren 1806 und 1818).
Konnte Liechtenstein jedoch von einer
höheren Einwohnerzahl profitieren, war
die angegebene offizielle Einwohnerzahl zu
hoch, wie etwa bei der Zählung von 1852,
die für die Berechnung des liechtensteini
schen Anteils der Einnahmen aufgrund des
Zollvertrags mit Österreich beigezogen
wurde. Zu den erheblichen Schwankungen
haben aber sicher auch die mangelhaften
Erhebungsmethoden beigetragen. So ist
unklar, nach welchen Kriterien 1852 die
Einwohnerzahl ermittelt wurde.
Folgende Beobachtungen sprechen dafür,
dass die Angaben von 1809 und 1815 die
einzigen verlässlichen in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts sind. Die Differenz
zwischen den Ergebnissen der beiden
Zählungen ist sehr gering, wenn man den
natürlichen Bevölkerungszuwachs berück
sichtigt. 3 Als weiteres Kriterium für die
Verlässlichkeit dieser Zählungen kann die
Erhebungsmethode gewertet werden: Beide
Zählungen wurden von Landvogt Josef
Schuppler in der Gemeinde erhoben.
Schuppler hielt in seiner Liste für jedes
Haus die Zahl der Bewohner und bei den
Männern auch die Alterskategorie fest.
Dass dies nur für die Männer gemacht wur
de, könnte mit der Militäraushebung Zu
sammenhängen. Für die Durchführung der
Zählung von 1815 erliess das Oberamt eine
eigene Instruktion, wobei bestimmt wurde,
dass nur die anwesende Bevölkerung ge
zählt werden sollte.
Schwerer tut man sich, das Ergebnis der
Zählung von 1852 zu deuten. Bei einer
Analyse der Daten stellt man fest, dass die
ses zu hoch sein muss. Gemäss den vorlie
genden Angaben wäre die Einwohnerzahl
1852 deutlich über jener der nächsten
Zählung von 1861 gelegen. Alois Ospelt
ging in seiner Dissertation davon aus, dass
circa 10 Prozent der Bevölkerung wegen
Saisonarbeit vorübergehend landesabwe
send waren. Deshalb zog er zur Ermittlung
der anwesenden Bevölkerung vom offiziel
len Ergebnis 10 Prozent ab und kam so für
das Jahr 1852 auf eine geschätzte anwe
sende Bevölkerungszahl von 1’025 Einwoh
nern. 4 Dies erscheint wiederum zu tief, weil
dabei der Zeitpunkt der Zählung ausser
Acht gelassen wird. Diese wurde Ende No
vember 1852 vorgenommen - also zu einem
Zeitpunkt, an dem die meisten Saisonarbei
ter wieder zu Hause gewesen sein dürften.
Die übrigen Zählungen wurden ebenfalls
im Herbst oder Winter durchgeführt: 1809
und 1815 jeweils Anfang Jahr, 1852 und
1861 im November, 1874 im September. Es
ist daher nicht anzunehmen, dass die
Ergebnisse von 1852 und 1861 durch die
saisonale Abwesenheit stark beeinflusst
wurden. Gemäss Verordnung über die
Volkszählung vom 28. Oktober 1861 sollte
nur die tatsächlich anwesende Bevölkerung
erfasst werden.
Eine mögliche Erklärung für die zu hohen
Ergebnisse der Zählung von 1852 bietet die
Hypothese, dass zumindest ein Teil der
nach Amerika Ausgewanderten erfasst
wurde. Doch wie viele waren das? Es wurde
daher geprüft, wie sich die Bevölkerungs
entwicklung präsentiert, wenn man die
Zahlen nur aufgrund der Erhebungen von
1815 und 1861 sowie der natürlichen
Bevölkerungsbewegung und der nachge