Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2008) (2008)

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ren. Gedrängt durch den gestiegenen Be 
darf an Bauland und im Glauben, mit den 
getätigten Schutzmassnahmen die notwen 
dige Sicherheit gewährleisten zu können, 
wurden und werden einst gemiedene Ge 
fahrengebiete erschlossen und zur Über 
bauung freigegeben. Diesbezüglich muss 
die in den Sechziger- und Siebzigerjahren 
in Balzers erfolgte Entwicklung Richtung 
Norden mit den neuen Dorfteilen Obern 
Dorf, Lowal und Büntle kritisch angemerkt 
werden. 
Damit in Zukunft zumindest auf Behörden 
ebene eine angemessene Berücksichtigung 
der aktuellen Gefahrensituation bei allen 
raumrelevanten Tätigkeiten sichergestellt 
ist, wurde im Auftrag der Regierung in den 
Jahren 1997 bis 2001 eine landesweite Ge 
fahrenkartierung ausgearbeitet. Neben den 
Gefahrenprozessen «Rutschung», «Lawi 
nen» und «Steinschlag» wurde auch das Ge 
fahrenpotenzial aller Rüfen systematisch 
beurteilt und in einer separaten Karte darge 
stellt. Dass der Rüfeproblematik in Balzers 
nicht dieselbe Bedeutung wie beispielsweise 
in Triesen zukommt, bestätigt ein kurzer 
Blick auf die Gefahrenkarte: Die Wahr 
scheinlichkeit von Rüfeereignissen, welche 
die bestehenden Wohngebiete in Mitleiden 
schah ziehen könnten, wird als gering einge 
stuft. Vor diesem Hintergrund relativiert 
sich auch die Kritik an der jüngeren Sied 
lungsentwicklung. Dennoch muss unmiss 
verständlich darauf hingewiesen werden, 
dass eine Ausweitung der Siedlungsgebiete 
im unmittelbaren Nahbereich der Balzner 
Rüfe (Biederle, Ifang), wie sie bei der aktuel 
len Ortsplanrevision angedacht ist, mit den 
Anliegen eines nachhaltigen Hochwasser 
schutzes nicht vereinbar ist. 
Rüfeverbauung 
Geschichte der Rüfeverbauung im 
Fürstentum Liechtenstein 
Obschon katastrophale Rüfeniedergänge 
immer wieder Äcker und Wiesen zerstörten, 
die für den Transithandel wichtige Land 
strasse überschütteten und die Dörfer be 
drohten, begann der Mensch dennoch erst 
spät, sich gegen die Rüfen zu wehren. Die 
Gründe dafür sind vielfältig. Der Historiker 
Alois Ospelt führt dazu in seiner Abhandlung 
«Wirtschaftsgeschichte des Fürstentums 
Liechtenstein im 19. Jahrhundert» aus: 
«Rüfen richteten nie so allgemeinen Scha 
den an, wie die Wasser des Rheins, und 
somit hatte die Allgemeinheit weniger In 
teresse an der Rüfeverbauung. Ausserdem 
bestand seit altersher die Auffassung, dass 
man der Rüfe ihren Lauf lassen müsse. 
Denn wenn die Rüfe durch einen Privaten 
an einer Stelle aufgehalten würde, könnte 
sie einem anderen Schaden zufügen. Auch 
war man der Ansicht, dass die Urgewalt der 
Rüfen nicht gebändigt werden könne, und 
wenn, dann nur mit Opfern, die dem Wert 
des geschützten Bodens in keiner Weise 
entsprächen. Ein weiterer, wohl der wich 
tigste Grund für die Vernachlässigung des 
Rüfeschutzes, lag in den Rheinschutzaufga 
ben, die alle Kräfte der Einwohner bean 
spruchten.» 
(Ospelt, Wirtschaftsgeschichte, S. 32). 
Da Rüfen vielfach eine Hoheitsgrenze zwi 
schen zwei Gemeinwesen markierten, wa 
ren die Zuständigkeiten beziehungsweise 
Verpflichtungen oft unklar und Gegenstand 
langwieriger Streitigkeiten, welche in der 
Folge die Inangriffnahme einer Verbautä 
tigkeit verhinderten. 
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es die 
fehlenden finanziellen Mittel einerseits so 
wie die beschränkten technischen Möglich 
keiten andererseits, die einem erfolgreichen 
Kampf gegen die Rüfen entgegenstanden. 
Bis ins 19. Jahrhundert liegen landesweit 
keine Dokumente vor, die von baulichen 
Schutzmassnahmen in den einheimischen 
Rüfen zeugen. Immerhin gibt es aber in den 
Siedlungen verschiedene Hinweise darauf, 
wie die Bevölkerung sich und ihren Besitz 
vor den Folgen von Rüfegängen und Über
	        

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