Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2007) (2007)

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Vor 100 Jahren 
Elmar Bürzle 
t Kanonikus Büchel. Am Samstag den 
12. d. Mts. haben wir in Vaduz einen ed 
len und hochgebildeten Mann und wür 
digen Priester zu Grabe geleitet, der 
noch lange unvergessen bleiben wird, 
den Senior unserer liechtenst. Geistlich 
keit und Zweitältesten Priester des Bis 
tums Chur, den Herrn Kanonikus und 
Pfarrresignaten Joh. Bapt. Büchel. Der 
Mann, der so lange und so segensreich 
unter uns weilte und wirkte, ist würdig, 
dass wir auch an dieser Stelle seiner ge 
denken. 
Kanonikus Büchel erblickte das Licht 
der Welt am 16. Juli 1824 zu Balzers. 
Sein Vater Leonz Büchel hatte im Jahre 
1813 den Feldzug gegen Napoleon mit 
gemacht und an der Schlacht bei 
Hanau teilgenommen und war später 
Ortsrichter von Balzers. Die Mutter, 
Maria Frick, war die Tochter des Franz 
Anton Frick, des letzten Landamman 
nes des Oberlandes. Von der Mutter 
hatte der Knabe den Wohltätigkeits 
sinn, vom Vater aber die Energie geerbt. 
Für die Landwirtschaft hatte der talent 
volle Knabe weder Willen noch Ge 
schick. Er glaubte für etwas Höheres 
berufen zu sein. Da er für Zeichnen und 
Schreiben eine sehr glückliche Hand 
hatte, riet man ihm, Maler zu werden. 
Dem widerstrebte aber der Vater. «Du 
könntest», sagte dieser, «höchstens so 
ein armer Anstreicher werden, wie sie 
landauf und -ab ziehen.» Der Junge 
kam also an die katholische Latein 
schule in Chur. Da sein Eintritt daselbst 
einige Wochen nach Schulbeginn er 
folgte, gab ihm der Rektor der Anstalt 
(der spätere Dompropst Dr. Wille sen.) 
seinen jüngeren Bruder, der damals die 
5. Lateinklasse machte, zum Instruktor. 
Zwischen Schüler und Instruktor ent 
wickelte sich bald die beste Kollegialität 
und es gehörte bald zur Tagesordnung, 
dass in den «Instruktionsstunden» in 
der ersten Hälfte gelernt und in der 
zweiten Kraftübung gemacht wurde. 
Das Ergebnis des letzteren waren dann 
abgerissene Rockflügel und zerrissene 
Hosen. Einmal schlichen sich Instruk 
tor und Schüler heimlich in die Stadt, 
wo ein berühmter Athlet zu sehen war. 
Leider wurden sie verraten. Die Vertei 
digung vor dem Rektor musste der 
Schüler führen und die Strafe war ein 
Rosenkranz, an dem auch der Rektor 
als Aufsichtsperson teilnahm. Der Ins 
truktor wurde ein ausgezeichneter 
Mann, trat später in den Jesuitenorden 
ein und starb als Missionär in Bombay. 
An der Schule wirkte damals als Profes 
sor der Geschichte ein Dr. G., ein Deut 
scher. Sehr gelehrt und aller Achtung 
würdig war doch dieser Mann hier 
nicht am rechten Platze. Die Schüler 
verstanden ihn nicht und durch sein 
heftiges Temperament brachte er es 
bald dahin, dass die ganze Klasse gegen 
ihn revoltierte. Die Folge war, dass 
Lehrer und Schüler entlassen wurden. 
Büchel fand aber in Feldkirch ohne 
Schwierigkeit Aufnahme, wo er dann 
mit Auszeichnung das Gymnasium 
absolvierte. Auch diese Jahre brachten 
manche Erlebnisse, an die sich der alte 
Kanonikus noch gern erinnerte. Einmal 
machte er mit drei Studiengenossen ei 
nen Ausflug nach Vaduz. Beim «Adler» 
wurde eingekehrt. Dem Postillon wurde 
erlaubt, «genug» aber nicht «zuviel» zu 
trinken; zu der jungen Gesellschaft fand 
sich auch Kanonikus Wolfinger ein. Als 
man wieder abfahren wollte, zeigte es 
sich, dass der Kutscher zwischen genug 
und zuviel nicht hatte unterscheiden 
können. Er musste mit Stricken auf den 
Bock gebunden werden, und als man in 
Feldkirch einfuhr, griff er nach seinem 
Horn und blies aus Leibeskräften. Des
	        

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