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Vor 100 Jahren
Elmar Bürzle
t Kanonikus Büchel. Am Samstag den
12. d. Mts. haben wir in Vaduz einen ed
len und hochgebildeten Mann und wür
digen Priester zu Grabe geleitet, der
noch lange unvergessen bleiben wird,
den Senior unserer liechtenst. Geistlich
keit und Zweitältesten Priester des Bis
tums Chur, den Herrn Kanonikus und
Pfarrresignaten Joh. Bapt. Büchel. Der
Mann, der so lange und so segensreich
unter uns weilte und wirkte, ist würdig,
dass wir auch an dieser Stelle seiner ge
denken.
Kanonikus Büchel erblickte das Licht
der Welt am 16. Juli 1824 zu Balzers.
Sein Vater Leonz Büchel hatte im Jahre
1813 den Feldzug gegen Napoleon mit
gemacht und an der Schlacht bei
Hanau teilgenommen und war später
Ortsrichter von Balzers. Die Mutter,
Maria Frick, war die Tochter des Franz
Anton Frick, des letzten Landamman
nes des Oberlandes. Von der Mutter
hatte der Knabe den Wohltätigkeits
sinn, vom Vater aber die Energie geerbt.
Für die Landwirtschaft hatte der talent
volle Knabe weder Willen noch Ge
schick. Er glaubte für etwas Höheres
berufen zu sein. Da er für Zeichnen und
Schreiben eine sehr glückliche Hand
hatte, riet man ihm, Maler zu werden.
Dem widerstrebte aber der Vater. «Du
könntest», sagte dieser, «höchstens so
ein armer Anstreicher werden, wie sie
landauf und -ab ziehen.» Der Junge
kam also an die katholische Latein
schule in Chur. Da sein Eintritt daselbst
einige Wochen nach Schulbeginn er
folgte, gab ihm der Rektor der Anstalt
(der spätere Dompropst Dr. Wille sen.)
seinen jüngeren Bruder, der damals die
5. Lateinklasse machte, zum Instruktor.
Zwischen Schüler und Instruktor ent
wickelte sich bald die beste Kollegialität
und es gehörte bald zur Tagesordnung,
dass in den «Instruktionsstunden» in
der ersten Hälfte gelernt und in der
zweiten Kraftübung gemacht wurde.
Das Ergebnis des letzteren waren dann
abgerissene Rockflügel und zerrissene
Hosen. Einmal schlichen sich Instruk
tor und Schüler heimlich in die Stadt,
wo ein berühmter Athlet zu sehen war.
Leider wurden sie verraten. Die Vertei
digung vor dem Rektor musste der
Schüler führen und die Strafe war ein
Rosenkranz, an dem auch der Rektor
als Aufsichtsperson teilnahm. Der Ins
truktor wurde ein ausgezeichneter
Mann, trat später in den Jesuitenorden
ein und starb als Missionär in Bombay.
An der Schule wirkte damals als Profes
sor der Geschichte ein Dr. G., ein Deut
scher. Sehr gelehrt und aller Achtung
würdig war doch dieser Mann hier
nicht am rechten Platze. Die Schüler
verstanden ihn nicht und durch sein
heftiges Temperament brachte er es
bald dahin, dass die ganze Klasse gegen
ihn revoltierte. Die Folge war, dass
Lehrer und Schüler entlassen wurden.
Büchel fand aber in Feldkirch ohne
Schwierigkeit Aufnahme, wo er dann
mit Auszeichnung das Gymnasium
absolvierte. Auch diese Jahre brachten
manche Erlebnisse, an die sich der alte
Kanonikus noch gern erinnerte. Einmal
machte er mit drei Studiengenossen ei
nen Ausflug nach Vaduz. Beim «Adler»
wurde eingekehrt. Dem Postillon wurde
erlaubt, «genug» aber nicht «zuviel» zu
trinken; zu der jungen Gesellschaft fand
sich auch Kanonikus Wolfinger ein. Als
man wieder abfahren wollte, zeigte es
sich, dass der Kutscher zwischen genug
und zuviel nicht hatte unterscheiden
können. Er musste mit Stricken auf den
Bock gebunden werden, und als man in
Feldkirch einfuhr, griff er nach seinem
Horn und blies aus Leibeskräften. Des