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Wenn ein Kuhhandel für Fränzle ein gutes
Ergebnis brachte, gab es einen Fünfliber
für meinen Hosensack. Wie versprochen,
hatte ich jeweils um halb sieben Feier
abend. Anschliessend schickte mich der
Hausherr eine Brissago kaufen. Ab und zu
fiel auch für mich eine ab, denn ich rauchte
damals schon.
Wie bereits erwähnt, standen das ganze
Jahr vier oder fünf Kühe im Stall, manch
mal auch hochträchtige, denen ich beim
Kalben jeweils als Geburtshelfer zur Seite
stand. Mein Chef fuhr meistens schon früh
morgens mit dem Fahrrad nach Trübbach,
von dort mit dem Zug hinunter ins Rhein
tal. Zwischen Buchs und Romanshorn
kaufte er dann in irgendeinem Dorf ein
Stück Vieh, das er anschliessend per Bahn
nach Trübbach bringen liess. Es gehörte zu
meinen Aufgaben, das Tier in Trübbach
abzuholen und in den Stall zu bringen. Am
nächsten oder übernächsten Tag ging der
Handel mit der erworbenen Kuh weiter.
Nach erfolgtem Abschluss musste ich das
Tier zu Fuss wieder in die Schweiz bringen,
meistens zu einem Grossviehhändler in
Meis: in der rechten Hand die Kuh am
Strick, in der linken das Fahrrad - ich
musste ja so schnell wie möglich wieder
zurück sein. Gott sei Dank fuhr damals auf
der Landstrasse nur etwa alle zehn Minuten
ein Auto, denn die meisten Tiere scheuten.
Das Fuhrwerk
Zum Fuhrwerken gab es kein Pferd, son
dern einen ungefähr tausend Kilo schweren
Ochsen. Das wohlgenährte Tier war sehr
stark, aber äusserst langsam und schwerfäl
lig, besonders an der Mähmaschine. Da
mals gab es noch keine Motormäher, son-
Begrüssung des Fürstenpaares Franz Josef II.
und Gina von Liechtenstein anlässlich der
Dorfweihe vom 3. Oktober 1948 in Grins
dem schwenkbare Mähbalken, welche
beim Ziehen über die Räder angetrieben
wurden. Im Herbst wurde der Ochse ver
kauft, denn im Winter gab es für ihn keine
Arbeit. Bei diesem Handel haben wir ge
wettet: Wiegt er mehr als 900 Kilo oder
weniger? Mein Chef hat die Wette gewon
nen. Der Ochse brachte 935 Kilo auf die
Waage. Gekauft hat ihn Augustin Wolfinger
auf der Praiawisch. Das war der einzige
Viehhandel, den Fränzle im Dorf tätigte;
anscheinend hat er mit Einheimischen
nicht so gern Geschäfte gemacht.
Integration
Der Umgang mit den Dorfbewohnern berei
tete mir keine Schwierigkeiten. Die Balzner
waren sehr offenherzig und gleich mit ei
nem per Du, so wie die Oberinntaler. In der
Iradug hatte ich liebe Nachbarn, und ein
paar Freunde aus meinem Dorf waren ab
und zu auch da. Sprachlich gab es über
haupt keine Probleme, denn ich konnte bei
spielsweise «Balzers» bald so langsam aus
sprechen wie die Einheimischen.
Am Sonntag tummelte ich mich auf dem
Fussballplatz oder machte eine Fahrrad
tour durchs Land. Mein Chef, s Fränzle,
war ein leidenschaftlicher Fussballfan. Er
lief bei jedem Heimspiel der Balzner an der
Seitenlinie auf und ab. Wenn das Spiel für
die Heimmannschaft nicht günstig stand,
riss er an seinem «Tschoopa», bis keine
Knöpfe mehr dran waren.
Am Abend wurde das «Sennabuaba-Kaarta-
speel» gespielt. Zur «Stöberte» kam immer
ein gewisser Sepp (leider fällt mir sein Nach
name nicht mehr ein). Geheiratet wurde
nie, meines Wissens auch später nicht.