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Montage im neuen
Fabrikgebäude, 1949.
der Umgebung zurechtzufinden, und orga
nisiert - einmal pro Woche - Kinder
krippendienste in der Firma. Die Frauen
wechseln sich in der Kinderbetreuung ab.
Dieses Angebot wird von den Müttern, die
hier ohne die Unterstützung der Gross-
familie auskommen müssen, rege genutzt.
Hildegard Auwärter schätzt den Kontakt zu
den Balznern und hat Einladungen, einen
Kaffee mitzutrinken, immer gerne ange
nommen, auch wenn es während der ersten
Jahre für alle am Tisch oft nur einen
Kaffeelöffel gab, um den Zucker in der
Tasse umzurühren. Sie meint, dass ihr das
nichts ausgemacht habe. «Man hat im
Krieg ganz andere Sachen gemacht. Da
wären wir froh gewesen, wenn wir einen
Uöffel mit Zucker zum Abschlecken gehabt
hätten.»
Im Nachkriegsdeutschland hungern die
Menschen. Liechtenstein ist zu dieser Zeit
sehr arm, aber man kann Lebensmittel
ohne Probleme beschaffen. Die kleinen
Söhne der Auwärters sehen hier erstmals
Orangen, Bananen und sogar Schokolade.
Was es hier aber nicht gibt, ist Schwarz
brot, denn traditionell wird in Liechten
stein Weissbrot gegessen, worüber sich
Frau Auwärter wundert. Was sie den Balz-
ner Frauen gleichtut; Sie geht die ersten
zehn Jahre auf And und sammelt Beeren
für den Eigenbedarf an Konfitüre.
Der Krieg war für Frau Auwärter eine
Erfahrung, die ihren Blick auf das, was im
Leben wichtig ist, verändert hat: «Nur
Menschenleben zählen, und diese darf man
nicht vergeuden.»
Ein anderer Wert ist Bildung. Frau Auwär
ter wird in ein akademisch gebildetes
Elternhaus hineingeboren und bewegt sich
auch nach ihrer Heirat mit Max Auwärter
in einem Umfeld, das über Bildung in
hohem Masse verfügt. Sie betont, dass die
Herzensbildung ebenso wichtig ist; diese
sei aber nicht allein den Frauen zu überlas
sen und die schulische Bildung den
Männern. Mit Bedauern erzählt sie, dass
sehr intelligente Balzner Mädchen noch
keine entsprechende Ausbildung erhielten,
als dies für Buben in zunehmendem Masse
möglich wurde.
Es gehörte zu den Überraschungen, dass
bei der Gründung der Balzers AG so gut wie
keine Fachleute aus der Gemeinde zur Ver
fügung standen. Eine Ausbildung zu haben,