Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2004) (2004)

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Abb. 5: Siegel vom 24. September 1266 (links); Siegel vom 15. September 1300 
(rechts), identisch mit dem links abgebildeten Siegel 
scheinlichkeit in der Schweiz zu su 
chen, wobei hier mit Schweiz jene 
mittelalterliche Landschaft gemeint 
ist, die geographisch der heutigen 
(Deutsch-)Schweiz entspricht: Denn 
nur bei den «schweizerischen» von 
Frauenberg kommt in der fraglichen 
Zeit der Vorname Heinrich vor. Seine 
Lieder sind lediglich in der in Zürich 
entstandenen Manesse-Liederhand- 
schrift überliefert, und dort steht er 
am Ende einer Reihe meist «schwei 
zerischer» Minnesänger, direkt nach 
Heinrich von Sax, worauf zwei «Öster 
reicher» und dann wieder «Schwei 
zer» folgen. 
Es kommen weitere Hinweise dazu, 
die Bartschs Ausführungen erhärten: 
Das Wappenbild in der Handschrift 
stimmt mit dem der «Schweizer» 
Freiherren von Frauenberg in der 
«Zürcher Wappenrolle» überein, im 
Gegensatz zu den bairischen und 
schwäbischen Wappen desselben Ge 
schlechts (vgl. Abb. 3 und 4). Die so 
genannte «Zürcher Wappenrolle» ist 
eine Pergamentrolle (400,5 x 12,5 cm) 
aus 13 zusammengenähten Stücken, 
die beidseitig in zwei Reihen mit Voll 
wappen bemalt ist. Derzeit ist sie in 
fünf Streifen aufgelöst. Ihren Namen 
hat sie nicht von ihrem Entstehungs 
ort, der eher in St. Gallen oder in Kons 
tanz zu suchen sein dürfte, sondern 
von ihrem Aufbewahrungsort, der 
Zentralbibliothek Zürich (deponiert 
im Landesmuseum Zürich). Die «Zür 
cher Wappenrolle» dürfte zwischen 
1335 und 1345 entstanden sein und 
enthielt ursprünglich 559 Darstellun 
gen von Vollwappen und 28 von bi 
schöflichen Bannern. 109 der Wappen 
sind nur noch in einer 1797 angefer 
tigten Kopie erhalten. Über drei Vier 
tel der Wappen tragen Namens- 
beischriften in Majuskeln. So erweist 
sich die «Zürcher Wappenrolle» in ih 
rer zeitlichen und räumlichen Nähe 
zur «Grossen Heidelberger Lieder 
handschrift» als Vergleichsobjekt für 
die Wappen der Minnesängerbilder 
als besonders wertvoll, nicht zuletzt 
deshalb, weil die abgebildeten Wap 
pen der «Zürcher Rolle» in der Regel 
als historisch zuverlässig gelten. Zu 
dem ist an der Urkunde vom 24. Sep 
tember 1266 und an derjenigen vom 
15. September 1300 jeweils das Siegel 
Heinrichs von Frauenberg erhalten, 
das den Greif zeigt (vgl. Abb. 5). 
Die oben genannten Befunde lassen 
eine Identifizierung des Minnesän 
gers mit einem Freiherrn aus dem 
«Schweizer» Geschlecht der von 
Frauenberg mit grösster Wahrschein 
lichkeit zu. 
Ein Heinrich von Frauenberg begeg 
net uns erstmals 1257 unter den Zeu 
gen einer Urkunde, in der Albert II. 
von Sax das Schloss Wartenstein und 
die Vogtei über Pfäfers, Valens, Vättis 
und Untervaz an die Abtei Pfäfers ver 
kauft: «H. miles de frövinberch et do 
minus Fridericus suus frater» (LUB 1/1, 
S. 108), am 8. Februar 1258 desglei 
chen anlässlich des Verkaufs von 
Rechten im Oberhalbstein an das 
Hochstift Chur durch Freiherr Berall II. 
von Wangen-Burgeis: «Henrico de 
vrowenberch» (LUB 1/1, S. 109). Eben 
so bezeugt er am 7. Juli 1262 einen 
Tausch von Gütern zwischen Bischof 
Heinrich von Chur und Heinrich I. 
von Wildenberg: «presentibus Symone 
de Montalt. Heinrico de vrowenberch. 
Heinrico de Beimunt, nobilibus» 
(LUB 1/1, S. 110). Am 24. September 
1266 bekennt «Hernicus de howen- 
berc», dass Bischof Heinrich von 
Chur wegen eines ihm und seiner Kir 
che bevorstehenden Krieges ihm die 
Kerzner und Schmalzzinser («homi 
nes de Candela et Buttarinos») zum 
Schutz übergab, mit der Bedingung, 
dass er und seine Erben, sobald der 
Bischof oder seine Nachfolger es ver 
langten, dieselben unweigerlich wie 
der aus dem Schutz entlassen und 
dem gegenwärtigen Amtsträger frei 
überlassen würden (LUB I/1, S. 112f.). 
Im Gegensatz zu verschiedenen Sie 
geln, die im Laufe der Zeit zerbrochen 
oder verloren gegangen sind, ist das 
dreieckige Wachssiegel Heinrichs von 
Frauenberg fast vollständig erhalten 
geblieben und hängt an der Urkunde 
(vgl. Abb. 5, linkes Siegel; Masse: 50 x 
45 mm; * S.HEN...I.D.TrOENBE.GE). 
Das Original befindet sich im Bischöf 
lichen Archiv Chur. Mit dieser Urkun 
de verschwindet der Name der Frau 
enberger für fast zwei Jahrzehnte aus 
der Geschichte. 
Da zwischen 1266 und 1284 kein 
Heinrich von Frauenberg auftritt, war 
man stets geneigt, an zwei verschiede 
ne Personen, Vater und Sohn, zu den 
ken. Die Lebensdaten der wahr 
scheinlichen Töchter Margarethe und 
Katharina, auf die wir noch zu spre 
chen kommen, und die Nennung ei 
nes Bruders Wilhelm scheinen dies 
ebenso wie die Stellung in den Zeu 
genlisten nahe zu legen. Doch Muraro 
gibt in seinem Aufsatz «Untersuchun 
gen zur Genealogie der Freiherren 
von Wildenberg und von Frauenberg» 
zu bedenken, dass stets dasselbe Sie 
gel verwendet wird und sich «... der 
Annahme eines einzigen Heinrich 
nicht unüberwindliche Schwierigkei 
ten entgegenstellen». Fraglich bleibe 
auf alle Fälle, ob Heinrich I. - wenn 
von der Existenz zweier Heinriche 
ausgegangen wird - tatsächlich schon 
Ende der sechziger Jahre gestorben 
sei, wie dies Jecklin in seinem Aufsatz 
«Heinrich von Frauenberg, ein bünd- 
nerischer Minnesänger» annimmt. 
Mir scheint es aber auch plausibler, 
von der Existenz zweier Personen mit 
Namen Heinrich auszugehen. 
Am 30. November 1284 versöhnen 
sich Bischof Friedrich von Chur und 
die beiden minderjährigen Söhne des 
Freiherrn Walther IV. von Vaz, Jo-
	        

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