Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2003) (2003)

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Benedikt «Beine» Foser (1904-1974) 
betrieb im Auftrag der Gemeinde die 
erste Müllabfuhr von Balzers. 
Im Winter sorgte er mit seinem 
Schneepflug für apere Strassen. 
brochen, wenn das eine oder andere 
ausrutscht und auf den Hintern fällt. 
Am tollsten ist es natürlich, wenn das 
Gerlinda passiert. Dann versuchen sie 
alle, ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie 
stellt sich absichtlich dumm an, so 
dass die Kinder jedes Mal kichern und 
sich freuen über die Spässe, die sie 
mit ihnen macht. 
Als der ganze Haufen wieder einmal 
am Boden hegt, werden sie plötzlich 
von lautem Rollen und Wiehern er 
schreckt. Es sind zwei Pferde, vor ei 
nen Schneepflug gespannt, und auf 
dem Bock sitzt ein buckliger, älterer 
Mann. Die schmutzige und löchrige 
Zipfelmütze und die alte Pferdedecke 
über den Knien schützen ihn vor der 
klirrenden Kälte. Es ist Bäne, der mit 
seinem Zweispänner versucht, die 
Strasse für Mensch und Gefährt be 
gehbarer zu machen. 
Gerlinda ist sehr aufmerksam und hat 
die Kinder schnell beiseite geschafft. 
Doch Bäne hat auch aufgepasst und 
sein Gespann frühzeitig angehalten. 
«Hoi, Bäne», rufen die Kinder. «Dür 
fen wir uns am Pflug festhalten und 
nachschleifen?» Der alte Mann lacht 
und sagt: «Natürlich Kinder, seid nur 
vorsichtig und passt auf, dass euch die 
Oma nicht verloren geht. Und wenn es 
dann wieder ebenaus geht, müsst ihr 
loslassen, damit die Pferde es nicht zu 
schwer haben.» Gerlinda macht ein 
mürrisches Gesicht und denkt: «Oma, 
hat der da auf dem Bock etwa mich 
gemeint? Naja, halb so schlimm.» Sie 
setzt sich auf das Brett, das den Pflug 
auseinander hält, und die Mädchen 
klammern sich daran fest. 
«Kanns los gehen, seid ihr fertig?», 
fragt Bäne. «Jaaa!», rufen die Kinder 
zurück. «Hiia Kohle, hiiaa Fuchs!», 
kommandiert Bäne energisch. Ein 
Ruck, und los gehts. Da hat es als Ers 
te schon die arme Gerlinda vom Brett 
gehauen, und sie liegt auf dem Rü 
cken, ein paar Meter hinter dem 
Pflug. Als die Kinder das merken, müs 
sen sie so sehr lachen, dass eins nach 
dem anderen den Pflug loslässt. Bäne 
verabschiedet sich mit einem kurzen 
Winken und verschwindet um die 
nächste Hausecke. Die Mädchen sitzen 
am Boden und sehen, dass Gerlinda 
schon wieder steht. Zu ihrer Verwun 
derung nimmt Gerlinda plötzlich An 
lauf und lässt sich auf den neuen Schu 
hen, die sie von Wendula bekommen 
hat, auf den Sohlen dahinschleifen. 
«Das sieht ja toll aus», rufen die Kin 
der und versuchen es auch. Je mehr 
sie die frisch gepflügte Strasse hi 
nunterschleifen, desto schneller und 
länger wird ihre Schlieferbahn. Mit 
der Zeit gesellen sich noch mehr Kin 
der dazu, und alle haben einen Rie- 
senspass. Das ist ein Rufen, Schreien, 
Kichern, und ein paar blaue Flecken 
gibt es natürlich auch. Die Leute, die 
in den umliegenden Häusern wohnen, 
öffnen ihre Fenster und sehen dem 
lustigen Treiben freudig zu. Die Kin 
der haben im Spiel die Zeit vergessen. 
Es ist schon spät geworden. «Wir 
müssen zum Mittagessen», sagt Waly. 
Müde und hungrig macht sich die 
kleine Gruppe auf den Heimweg. 
Beim Gehen erzählen sie sich, wie toll 
das alles war und dass der schöne Tag 
am Nachmittag mit Schlitteln weiter 
geht. Wauky rennt voraus, denn auch 
er freut sich, dass er dabei sein darf, 
mit den Kindern und Gerlinda. Bei 
der letzten Kreuzung beim oberen 
Brunnen, der unter der verschneiten 
Linde steht, hören sie die Rollen, die 
Bänes schwarze Pferde am Kummet 
tragen. Sie kommen aus der Quer 
strasse. Im Vorbeifahren ruft Bäne: 
«Wollt ihr noch einmal?» Die Kinder 
lachen und sagen: «Morgen wieder!» 
Die Pferde schnauben laut, aus ihren 
Nüstern dampft sichtbar ihr heisser 
Atem in der kalten Luft. Das ist auch 
eine strenge Arbeit für die Pferde, der 
schwere Pflug und dann noch der 
Schnee. Bäne sagt: «Gut, meine bei 
den Pferde sind auch müde, und mir 
ist langsam kalt hier auf dem Bock. 
Machts gut, Kinder, und Ihr, junge 
Frau, auch.» Mit «junger Frau» mein 
te er schmeichelnd Gerlinda. 
Ein lautes «Hiiiiia!», und die drei ver 
schwinden in der nächsten Gasse. 
Schön zu hören, der rhythmische 
Klang der Rollen im Schritt der Pferde. 
Zu Hause hat Wendula schon das Es 
sen hergerichtet. Schmatzend und ki 
chernd erzählen die Kinder von dem 
schönen, vergnüglichen Morgen. Nach 
dem Essen hört man laute Stimmen 
von oben, vom grossen Holzhaufen 
herab. Gerlinda will sofort wissen, 
was da jetzt los ist. Alle ziehen sich an 
und gehen hinaus. «Das sind die jun 
gen Burschen, die da ein Loch graben, 
damit sie die lange Funkentanne ein 
graben können, die sie heute Nach 
mittag mit dem Förster im Wald ho 
len gehen», sagt Wendula. Gerlinda 
denkt: «Ich bin nur gespannt, was da
	        

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