46
Benedikt «Beine» Foser (1904-1974)
betrieb im Auftrag der Gemeinde die
erste Müllabfuhr von Balzers.
Im Winter sorgte er mit seinem
Schneepflug für apere Strassen.
brochen, wenn das eine oder andere
ausrutscht und auf den Hintern fällt.
Am tollsten ist es natürlich, wenn das
Gerlinda passiert. Dann versuchen sie
alle, ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie
stellt sich absichtlich dumm an, so
dass die Kinder jedes Mal kichern und
sich freuen über die Spässe, die sie
mit ihnen macht.
Als der ganze Haufen wieder einmal
am Boden hegt, werden sie plötzlich
von lautem Rollen und Wiehern er
schreckt. Es sind zwei Pferde, vor ei
nen Schneepflug gespannt, und auf
dem Bock sitzt ein buckliger, älterer
Mann. Die schmutzige und löchrige
Zipfelmütze und die alte Pferdedecke
über den Knien schützen ihn vor der
klirrenden Kälte. Es ist Bäne, der mit
seinem Zweispänner versucht, die
Strasse für Mensch und Gefährt be
gehbarer zu machen.
Gerlinda ist sehr aufmerksam und hat
die Kinder schnell beiseite geschafft.
Doch Bäne hat auch aufgepasst und
sein Gespann frühzeitig angehalten.
«Hoi, Bäne», rufen die Kinder. «Dür
fen wir uns am Pflug festhalten und
nachschleifen?» Der alte Mann lacht
und sagt: «Natürlich Kinder, seid nur
vorsichtig und passt auf, dass euch die
Oma nicht verloren geht. Und wenn es
dann wieder ebenaus geht, müsst ihr
loslassen, damit die Pferde es nicht zu
schwer haben.» Gerlinda macht ein
mürrisches Gesicht und denkt: «Oma,
hat der da auf dem Bock etwa mich
gemeint? Naja, halb so schlimm.» Sie
setzt sich auf das Brett, das den Pflug
auseinander hält, und die Mädchen
klammern sich daran fest.
«Kanns los gehen, seid ihr fertig?»,
fragt Bäne. «Jaaa!», rufen die Kinder
zurück. «Hiia Kohle, hiiaa Fuchs!»,
kommandiert Bäne energisch. Ein
Ruck, und los gehts. Da hat es als Ers
te schon die arme Gerlinda vom Brett
gehauen, und sie liegt auf dem Rü
cken, ein paar Meter hinter dem
Pflug. Als die Kinder das merken, müs
sen sie so sehr lachen, dass eins nach
dem anderen den Pflug loslässt. Bäne
verabschiedet sich mit einem kurzen
Winken und verschwindet um die
nächste Hausecke. Die Mädchen sitzen
am Boden und sehen, dass Gerlinda
schon wieder steht. Zu ihrer Verwun
derung nimmt Gerlinda plötzlich An
lauf und lässt sich auf den neuen Schu
hen, die sie von Wendula bekommen
hat, auf den Sohlen dahinschleifen.
«Das sieht ja toll aus», rufen die Kin
der und versuchen es auch. Je mehr
sie die frisch gepflügte Strasse hi
nunterschleifen, desto schneller und
länger wird ihre Schlieferbahn. Mit
der Zeit gesellen sich noch mehr Kin
der dazu, und alle haben einen Rie-
senspass. Das ist ein Rufen, Schreien,
Kichern, und ein paar blaue Flecken
gibt es natürlich auch. Die Leute, die
in den umliegenden Häusern wohnen,
öffnen ihre Fenster und sehen dem
lustigen Treiben freudig zu. Die Kin
der haben im Spiel die Zeit vergessen.
Es ist schon spät geworden. «Wir
müssen zum Mittagessen», sagt Waly.
Müde und hungrig macht sich die
kleine Gruppe auf den Heimweg.
Beim Gehen erzählen sie sich, wie toll
das alles war und dass der schöne Tag
am Nachmittag mit Schlitteln weiter
geht. Wauky rennt voraus, denn auch
er freut sich, dass er dabei sein darf,
mit den Kindern und Gerlinda. Bei
der letzten Kreuzung beim oberen
Brunnen, der unter der verschneiten
Linde steht, hören sie die Rollen, die
Bänes schwarze Pferde am Kummet
tragen. Sie kommen aus der Quer
strasse. Im Vorbeifahren ruft Bäne:
«Wollt ihr noch einmal?» Die Kinder
lachen und sagen: «Morgen wieder!»
Die Pferde schnauben laut, aus ihren
Nüstern dampft sichtbar ihr heisser
Atem in der kalten Luft. Das ist auch
eine strenge Arbeit für die Pferde, der
schwere Pflug und dann noch der
Schnee. Bäne sagt: «Gut, meine bei
den Pferde sind auch müde, und mir
ist langsam kalt hier auf dem Bock.
Machts gut, Kinder, und Ihr, junge
Frau, auch.» Mit «junger Frau» mein
te er schmeichelnd Gerlinda.
Ein lautes «Hiiiiia!», und die drei ver
schwinden in der nächsten Gasse.
Schön zu hören, der rhythmische
Klang der Rollen im Schritt der Pferde.
Zu Hause hat Wendula schon das Es
sen hergerichtet. Schmatzend und ki
chernd erzählen die Kinder von dem
schönen, vergnüglichen Morgen. Nach
dem Essen hört man laute Stimmen
von oben, vom grossen Holzhaufen
herab. Gerlinda will sofort wissen,
was da jetzt los ist. Alle ziehen sich an
und gehen hinaus. «Das sind die jun
gen Burschen, die da ein Loch graben,
damit sie die lange Funkentanne ein
graben können, die sie heute Nach
mittag mit dem Förster im Wald ho
len gehen», sagt Wendula. Gerlinda
denkt: «Ich bin nur gespannt, was da