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Eine Badekur im Mineralbad. Die
Kurgäste liegen in den Badzubem,
Badmägde und -knechte fidlen war
mes Wasser nach.
Radierung, Ende 17. Jh., Germani
sches Nationalmuseum, Nürnberg
Aspekte: Zum einen war er für Beher
bergung und Verpflegung der Gäste
zuständig, zum anderen für deren hy
gienische und medizinische Bedürf
nisse. Dazu gehörten als hygienische
Dienstleistung das «Scheren» (Schnei
den von Kopf- und Barthaar) und das
«Zwahen» (Waschen des Kopfhaares).
Als medizinische Massnahme hatte
der Badmeister das Schröpfen und
Aderlässen zu beherrschen.
Zu seiner Unterstützung musste ein
Badmeister Badwärmer und Badmäg
de einstellen. Diese hatten das Wasser
zu wärmen, die Gäste zu bedienen
und die Badkästen zu reinigen.
Das Fläscher Wasser - ein
Heilwasser?
Erst in der Reise- und Bäderliteratur
sowie im Prospekt über das «Fläscher
Baadwasser» wurde das Fläscher Bad
als Heilbad behandelt, dem Wasser
heilende Kraft zugestanden. Dies
hängt auf der einen Seite damit zu
sammen, dass erst die adeligen Besit
zer Mittel und Interesse hatten, ihr
Bad mittels Werbeschriften bekannter
zu machen. Auf der anderen Seite be
gann man sich ab der Mitte des
17. Jahrhunderts mit Hydrologie ein
gehender auseinander zu setzen. Da
mit ein Bad als Heilbad gilt, muss
seine Quelle über eine spezielle
Wasserqualität verfügen. Die erste Be
schreibung des Fläscher Wassers
stammt aus dem Prospekt «Fläscher
Baadwasser». Es wird festgestellt,
dass das Wasser so vielen Kranken ge
holfen habe, dass «ja selbiges nicht ein
schlecht gemeines blosses bach- oder
brunnenwasser, sonder ein aqua com
posita medicata und mit spirituali-
schen essentys und qualitäten gewüs-
ser mineren und metalen impregnirt
seyn muss».
Als Mineralien werden zwei Arten
terra sigillata (nach zeitgenössischem
Lexikon: Siegelerde, fetter, schwerer
Ton), Salpeter und Stahl genannt.
Auch Schwefel wurde erwähnt, den
man allerdings nicht riechen konnte.
Stahl wurde noch nicht so streng von
Eisen getrennt wie heute und galt als
Heilmittel.
Eine ausführliche Beschreibung des
Fläscher Wassers stammt aus Johann
Jacob Scheuchzers «Natur-Geschich
ten» aus dem Jahr 1708. Er untersuch
te das Wasser vor Ort und bemerkt an
erster Stelle; «Das reine, hellautere, an
und für sich selbs in viel Weg gesunde
Berg-Wasser». Dann fand er ebenfalls
Terra Sigillata, ein Salz und Schwefel,
jedoch weder Salpeter noch Stahl. Das
Quellwasser wurde auch nach der
Schliessung des Badebetriebs, nun
mit besseren chemischen und physi
kalischen Messmethoden, immer wie
der getestet. Die jüngste hydrogeo-
logische Probe von Ende März 2001
ergab, dass das Wasser nicht als Mine
ral- oder Heilwasser bezeichnet wer
den kann, wohl aber als gut minerali-
siertes und reines Quellwasser.
Dass man gewöhnlichem Quellwasser
Heilwirkung zugeschrieben hat, kann
einerseits mit den damaligen Messme
thoden, die nicht mit den heutigen ver
glichen werden können, erklärt wer
den. Andererseits baute die Medizin
auf anderen Grundlagen auf als heute.
Krankheiten wurden anders erklärt,
und es wurden dementsprechend
auch andere Heilmittel verwendet. Die
Grundlage der damaligen Schulmedi
zin war die Säftelehre, die davon aus
ging, dass im Inneren des Menschen
verschiedene Säfte zirkulieren, die als
trocken, warm, feucht und kalt be
schrieben wurden. Als gesund galt ein
Mensch, dessen Säfte im Gleichge
wicht waren. Krankheit konnte durch
Verstopfung des Flusses oder über
mässige Säure oder Schärfe der Säfte
verursacht werden. Heilende Wasser
spielten in dieser Lehre eine grosse
Rolle, ob sie nun getrunken wurden
oder von aussen in Form von Bädern
auf das Gleichgewicht der Säfte und
somit auf die Gesundheit des Men
schen einwirkten. So beschrieb die
medizinisch gebildete Hortensia von
Salis (1659-1715) die Wirkung des Flä
scher Wassers folgendermassen; «Dann
dises Wasser fliesset von einer alcali-
schen Erden und führet Terram sigil
latam bey sich, und ist seine Krafft zu
trökenen, säuberen, heilen und zu-
samen zuzeuhen; fürnemlich aber die
Verstopfungen zueröffnen und das
scharffsaure zu verschlingen.»
In den erwähnten Beschreibungen des
Bades werden auch die Gebrechen an
geführt, die dort erfolgreich ausgeba
det werden konnten. In der Badschrift
werden Fälle genannt, die von folgen
den Krankheiten geheilt wurden:
• Öffnung der verstopften oder Stil
lung der überflüssigen Monatsblum
von Frauen
• Offene Schenkel oder offener Scha
den am Genick, die unter «allerley
offene Schäden, alte und newe» ge
zählt werden