Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2003) (2003)

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Trotz aller Schwierigkeiten, denen 
sich die Saisonniers ausgesetzt sahen, 
hat sich für viele die Arbeit im Aus 
land aber gelohnt, wie Emanuel Vogt 
schreibt: «Sic brachten Geld nach 
Hause, bauten sich Häuser, kauften 
Duden udci vci giüssci leu den Viehbe 
stand. Diese Saisomüeis waieu füi 
die damalige Zeit gut gekleidet, ein 
zelne trugen Halbschuhe, hatten Zi 
garetten im Mund, schwangen kleine 
Spazierstöcke, trugen moderne Hüte 
und flanierten so durch das Dorf.» 
Die für die damalige Zeit ausserge- 
wöhnliche Erscheinung mancher Sai 
sonniers ist Berta Bürzle-Wolfinger 
noch lebhaft in Erinnerung: «Ja, wie 
Herren (Härrle) sind sie dann gekom 
men. Man hat sie sofort erkannt.» Josef 
und Elfrieda Wolfinger-Schuler bestä 
tigen dies einhellig. Elfrieda: «Und ge 
sagt haben sie immer, sie hätten sehr 
gut verdient gegenüber den Liechten 
steinern [hier].» Josef: «Ja, das haben 
sie schon. Und natürlich [teilweise] 
Kost und Logis gehabt. Da hat man ge 
sagt: <Wedr än us dr Schössla.>» Elfrie 
da: «Ja, aber wenn sie hierher gekom 
men sind, das sind dänn d Härra gse, 
die haben dann einen Anzug gehabt 
und einen Hut. Das weiss ich noch gut, 
die sind dann besser angezogen gewe 
sen, amool kä Holtscheg wia di Hia- 
saga. Nein, wirklich nicht.» 
Ein Saisonnier hat durch seine meist 
harte Arbeit wohl kaum ein grosses 
Vermögen verdient. Laut Alfons 
Schädler hätten sich «viele ihre Klei 
dung dem Mund abgespart. Die haben 
zum Teil einfach gelebt. Johann Beck 4 
hat mir erzählt, er habe natürlich 
Frauen [Schlummermütter, bei denen 
er einquartiert wurde] gehabt, die 
hätten zu ihm geschaut wie zum eige 
nen Bub. Da habe er von einem ganz 
bescheidenen Tagesansatz gelebt. Die 
hätten ihm alles gewaschen und alles 
getan. Natürlich habe es auch andere 
gegeben, die nur darauf aus waren, 
das Geld zu nehmen.» 
Land und Gemeinden konnten im 
Winter nicht alle Rückkehrer mit Ar 
beitsstellen versorgen. Deshalb muss 
te bei vielen Saisonniers das verdiente 
Geld oft wieder bis zum nächsten 
Frühjahr reichen. 
Die Saisonarbeit konnte sich aber 
auch in anderer Hinsicht als lohnens 
wert erweisen. So manche junge Frau 
in der Schweiz, Frankreich oder sonst 
wo wird wohl ihr Herz an einen der 
feschen Balzner verloren haben und 
natürlich auch umgekehrt. Der Sai- 
sonnier Josef Gstöhl beispielsweise - 
so berichten seine Nichte Berta 
Bürzle-Wolfinger und sein Neffe Josef 
Wolfinger - habe seine Frau Marie- 
Louise in Frankreich kennen gelernt 
und sie dort geheiratet. Die beiden flo 
hen nach dem Einmarsch von Hitlers 
Armeen 1940 nach Liechtenstein. 
Ausser Geld, eventuell einer Gemah 
lin und jeder Menge Geschichten für 
die langen Winter brachten die 
Saisonniers aber noch mehr mit; Eine 
Zeit lang - und bei der älteren Genera 
tion noch heute - waren französische 
Ausdrücke hoch im Kurs. Berta 
Bürzle-Wolfinger, deren Mutter Maria 
in einem Hotel in St. Moritz als Sai 
sonarbeiterin tätig war, erinnert sich, 
dass ihre Mutter «solche Fremdwör 
ter noch manchmal gebracht» habe, 
so etwa das Wort «toujours»: «Es goot 
toujours a so vorwärts.» Wenn unter 
Druck und körperlich hart gearbeitet 
«Ja, aber wenn sie [die Saisonniers] 
hierher gekommen sind, das sind 
dänn d Härra gse, die haben dann 
einen Anzug gehabt und einen Hut.» 
werden musste, wurde dies «tra 
vailla» genannt. 
Während ihrer teilweise langen Tätig 
keit haben sich manche Saisonniers 
eine beachtliche Eloquenz in Fremd 
sprachen angeeignet. Über den be 
reits erwähnten Josef Gstöhl weiss 
Elfrieda Wolfinger-Schuler zu berich 
ten, er habe «in Frankreich fliessend 
Französisch gelernt, ohne irgendeine 
Schule [besucht zu haben]. Mein Va 
ter [Albrecht Schüler] hat ja gut Spra 
chen gekonnt. Am Sonntag, wenn sie 
einander in der Kirche getroffen ha 
ben, haben sie immer nur Franzö 
sisch miteinander gesprochen.» 
In «Mier z Balzers» lässt Emanuel Vogt 
auch Rosa Brunhart-Frick über die 
Tätigkeit ihres Mannes Andreas Brun 
hart als Saisonnier erzählen. Laut Alt 
regierungschef Hans Brunhart, einem 
der Söhne von Rosa und Andreas 
Brunhart, war sein Vater «schon als 
Lediger mehrere Jahre vor allem in 
der Schweiz als Saisonnier im Gipser 
beruf tätig, und nach der Heirat ging 
er zweimal jeweils vom Frühling bis 
zum Winter nach Spanien. Vorher ar 
beitete er auch in Frankreich. Oft war 
er mit der Gruppe um Josef Gstöhl, zu
	        

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