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Schlitten. Sie malte auch sehr gerne,
vor allem Szenen aus der Natur. Ende
der 1870er Jahre begann sie, Gedichte
zu schreiben, die von Sehnsucht, Hei
matverbundenheit und Natur handel
ten. Auch ihren Liebsten widmete sie
einige Gedichte.
Hermines Hauptinteresse galt aber
dem Studium der heimatlichen Ge
schichte, der mittelhochdeutschen
Sprache und der Volkskunde. Diese
Neigungen wurden wesentlich durch
ihren Vetter Ferdinand Nigg und ih
ren Bruder Egon gefördert. Sie half
begeistert beim Sammeln alter volks
kundlicher Gegenstände.
Besonders gross war der Einfluss, den
Ferdinand auf sie ausübte. Er regte
Hermine zum Lesen an, indem er ihr
immer wieder die neuesten Ausgaben
des «Simplizissimus», der poetisch
satirischen Wochenschrift, die linksli
beral ausgerichtet war, zukommen
liess. Ausserdem sandte er ihr regel
mässig Bücher von Ibsen und ande
ren Autoren, diskutierte mit ihr und
ermunterte sie, sich ihre eigene Mei
nung zu bilden. Hermine schaute zu
ihrem Vetter Ferdinand auf. Sie ver
traute ihm sehr und hielt viel von sei
ner Meinung.
Hermine Rheinberger besuchte von
1871 bis 1877 die Volksschule in Va
duz, bevor sie in das Töchter-Institut
Gutenberg übertrat. Im Institut ge
noss Hermine eine überdurchschnitt
lich gute Ausbildung. Auffallend ist
die Vielfalt der Fächer, die unterrich
tet wurden. Besonderer Wert wurde
auf Sprachen und Geschichte gelegt.
Französisch war neben Deutsch Um
gangssprache auf Gutenberg. Es wur
de, auch in der Freizeit, abwechs
lungsweise je eine Woche Deutsch
und eine Woche Französisch gespro
chen. Englisch wurde ebenfalls ge
lehrt. Neben dem normalen Schul
pensum nahm Hermine Unterricht im
Klavierspiel. Es herrschte ein sehr en
ger und vertrauter Kontakt zwischen
Lehrerinnen und Schülerinnen. Als
17-jähriges Mädchen verliess Her
mine Gutenberg mit hervorragenden
Zeugnissen. Die Familien und Ange
hörigen der Zöglinge kannten sich
Institut der Schwestern der Christli
chen Liebe mit Ruine Gutenberg.
Blick von Westen. Im Vordergrund die
Institutstöchter. Fotografie um 1897
gut, und so wurden auch nach der
Schulzeit Kontakte über eine lange
Zeit aufrechterhalten. Hermine tausch
te mit ihren Freundinnen aus der Pen
sionatszeit Bettelmünzen aus. Im re
gen Briefwechsel nahm sie teil am Le
ben ihrer ehemaligen Mitschülerin
nen und der Schwestern vom Internat.
Etwa seit 1890/91 trug sich Hermine
mit dem Gedanken, einen histori
schen Roman zu schreiben, der in ih
rer Heimat spielen sollte. Sicherlich
wurde sie von ihrem Bruder Egon
und Vetter Ferdinand beeinflusst. Zu
dem führten ihre Ausflüge sie immer
wieder zu alten Schlössern, Burgen
und Kirchen. Mit viel Geschick und
Phantasie erfand sie eine Geschichte,
die sich im 14. Jahrhundert zwischen
Schalun und Gutenberg abspielte.