Otto Bellmann (1921)
Der schreckliche Krieg war zu Ende, und ich dankte dem Herrgott, dass er mich gesund
und heil die Heimat wieder sehen liess. Jetzt war jeder auf sich selbst gestellt. Das hiess
für mich, wieder Fuss zu fassen im Berufsleben, die Ausbildung zu vervollständigen und
ein Heim für die Familie zu schaffen. Dies gelang mir bis zum Jahre 1952. Dann erhielt
ich von meinem Chef das Angebot, beim Aufbau einer Fabrik in Basel und St. Louis
mitzuhelfen. Ich nahm das Angebot an und war bis Mitte 1953 in Basel tätig. Der Haupt
teil der Arbeit war bis dahin geschafft, und ich sah mich nach einer anderen interessan
ten Tätigkeit um. Eine Vorstellung bei Sulzer in Winterthur und der damaligen Geräte-
bauanstall Balzers fiel von meiner Seite zugunsten letzterer aus. Die wunderbare Lage,
die Berge und die freundliche Aufnahme machten mir die Wahl leicht. So arbeitete ich
also ab Mitte 1953 als Konstrukteur in Balzers.
Meine Familie folgte mir im September nach. Wir fuhren mit einem Camion quer durch
die Schweiz. Es gab noch keine Autobahn, und über dem Kerenzerberg begann es schon
zu schneien. In Richtung Sargans gab es nur Wolken, und es regnete immer stärker.
Meine Künder bekamen zunehmend traurigere Gesichter. Ich versuchte, sie aufzuhei
tern, und sagte kurz vor der hölzernen Brücke in Trübbach. «So, jetzt schliesst euere
Augen und öffnet sie erst wieder nach der Brücke, denn dann seid ihr im Paradies.» Doch
auch im Paradies regnete es in Strömen. Schliesslich verdrängten die Neugier auf die
Ankunft und die freundliche Aufnahme durch «Aana Theres» die dunkle Stimmung.
«Aana Theres» hatte uns auch Hilfe beim Ausladen besorgt: Mock und Elias.
Die Bezeichnung «Paradies» ist gar nicht so weit hergeholt, sprach doch die «Bündner
Zeitung» zu Jahresbeginn aus Anlass der Wiederkehr der Entsiedelung Guschas von
einer Vertreibung aus dem Paradies. Und Guscha und Balzers haben ja eine gemeinsame
Grenze.
Nach Regen folgt Sonnenschein. Meine Kinder fanden ganz schnell Anschluss. Sie besuch
ten eine gute Schule, und wohlbehütet wurden sie zu Erwachsenen. An einem sonnigen
Tag, kurz nach unserem Umzug, meinte «Aana Theres», dass meine Frau sich Balzers
einmal näher ansehen sollte. Dafür sei der Schlosshügel am besten geeignet. Sie besorgte
einen jugendlichen Führer und schickte beide los. Der Schuljunge schaute nun nicht