Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2000) (2000)

den. 1712 lebten in der Gemeinde 72 
Männer über fünfzehn Jahre, in Mals 
57, sechs Jahre später gab es im ganzen 
Ort 101 haushäbliche Männer. 
Am 29. Dezember 1707 wurde eine 
Frühmesspfrund in Balzers errichtet. 
Wenige Monate später, am 19. Sep 
tember 1708, genehmigte die gräfliche 
Kanzlei in Vaduz den «Gemeindts- 
Brief für die Gemeinde Balzers Klein- 
mels», welchen die Gemeindeverant 
wortlichen neu gefasst hatten. Er ent 
hielt die Gemeindeordnung, welche 
die Bereiche Gemeindenutzen, Atzung, 
Zäune und Fuhrwesen regelte. Das 
Rodfuhrwesen, d.h. ein Monopol des 
Gütertransports von Balzers über die 
St. Luzisteig nach Maienfeld, hatte 
für die Gemeinde bis in das 19. Jahr 
hundert hinein eine grosse wirtschaft 
liche Bedeutung. 
Übrigens wurden im Jahre 1700 in 
Deutschland, angesichts der wieder 
aufgeflammten Diskussion um die 
Frage des Endes und des Beginns ei 
nes Jahrhunderts, zur Erinnerung 
Münzen geprägt mit der witzigen In 
schrift, dass die Leute um 1700 nicht 
einmal gewusst hätten, wie alt sie ei 
gentlich seien. 
Um das Jahr 1800 
Ende des 18. Jahrhunderts ( 1784) wird 
in einer Landesbeschreibung auch 
über Balzers-Mäls berichtet. Das Dorf 
hatte damals eine Pfarrkirche und 
zwei Kapellen, es zählte 106 Häuser 
sowie 382 Einwohner ohne Hinter 
sassen. Hintersassen waren ansässige 
Landesbürger ohne Gemeindebürger 
recht und ohne Gemeindenutzen. Der 
Güterverkehr über die St. Luzisteig 
gab den Bewohnern guten Verdienst. 
In Balzers gab es fünf Wirte, eine 
Mühle mit einer Säge, einen Schmied, 
einen Wagner und zwei Wuhrzoller. 
Die Burg Gutenberg war seit kurzem 
als Festung aufgegeben und begann 
zu verfallen. Ihre Güter waren von der 
Gemeinde gepachtet worden. 
Die Jahrhundertwende 1799/1800 hat 
te sich für Balzers und Mäls denkbar 
schlecht angekündigt. Es begann 
1791 mit einer Teuerung der Lebens 
mittel, die eine Ausfuhrsperre für 
Früchte und Grundnahrungsmittel zur 
Konsequenz hatte. Die Mangelsitua 
tion verschlimmerte sich weiter. Das 
Jahr 1796 brachte laut Johann Georg 
Helbert «unerträgliche» Kriegsrüstun 
gen, eine Engerlingsplage, der mehr 
als die Hälfte des Türkens und des 
Heus zum Opfer fiel, eine Maul- und 
Klauenseuche, eine Pockenepidemie, 
einen warmen Winter, einen kalten 
Frühling, einen dürren Sommer mit 
viel Ungeziefer sowie einen von 
Hagelwettern und Sturmwinden be 
gleiteten nassen Herbst. Die Kinder 
sterblichkeit stieg, es gab mehr Todes 
fälle als Geburten. «Kinderblattern» 
oder Pocken grassierten, auch Fleck 
fieber oder Flecktyphus, und Viehseu 
chen vergrösserten die Armut. Bettler, 
Hausierer, Kriminelle, Emigranten, De 
serteure, Agenten und Spione mach 
ten das Land unsicher. 
Abb. oben: 
Plan des am 22. Oktober 1795 abge 
brannten Dorfes Balzers 
Abb. unten: 
Institut Gutenberg (links), Ruine Gu 
tenberg und Volksschule Balzers 
Die Notlage war zum Teil eine Folge 
der Kriege in unserer Gegend. Im De 
zember 1794 wurden die Vorarlberger 
und Liechtensteiner Rheinufer mit 
österreichischem Militär besetzt, die 
Grenzen gegen die Schweiz geschlos 
sen, der Handel unterbunden. Der 
Schmuggel blühte, und wer erwischt 
wurde, musste zur Bestechung grei 
fen, oder er kam um Gut und Geld 
oder um seine Freiheit. In fast allen 
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