Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1999) (1999)

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Beichtgelegenheit beim Pater Kapuziner 
Vom Wirken der Kapuziner aus Meis in Balzers 
Hans Brunhart 
Die Seelsorger in der Pfarrei Balzers 
konnten seit jeher auf die Unterstüt 
zung von Geistlichen aus Klöstern 
zählen. Diese Patres übernahmen in 
einem gewissen Turnus kirchliche 
Aufgaben, vor allem am Wochenen 
de. Predigen und Beichthören waren 
die wichtigsten Tätigkeiten. 
In Balzers erfüllen - neben den Pa 
tres vom Haus Gutenberg - bis heute 
vor allem die Kapuziner vom Kloster 
Meis diese Dienste. Viele von uns erin 
nern sich sicher noch, wie die Kapuzi 
ner am 8. September bei der Kapelle 
Mariahilf als wortgewaltige Prediger 
zu beeindrucken wussten. 
Zwar zeichneten sich die Predigten 
oft durch eine gewisse Strenge aus. 
Kinder hingegen spürten die beson 
dere Zuwendung, die ihnen die Män 
ner in den braunen Kutten entgegen 
brachten; und so wurden die Kapuzi 
ner meist von einer ganzen Kinder 
schar begleitet, wenn sie den damals 
weiten Weg von der Kirche zum 
Pfarrhaus unter die Füsse nahmen. 
Als Geschenke gab es dann Heiligen 
bildchen - bevorzugt des hl. Franzis 
kus und der Mutter Gottes -, die sie 
den weiten Taschen ihres Ordens 
kleides entnahmen. 
Jedes Jahr im Herbst sammelten die 
Kapuziner Naturalien, die zu ihrem 
Lebensunterhalt beitrugen, da ihnen 
früher die Entgegennahme von Geld 
verboten war. 
Die Pfarrei Balzers und ihre Seelsor 
ger haben die Dienste der Patres Ka 
puziner aus Meis immer dankbar an 
genommen, und sie tun das auch 
heute noch. Die Kapuziner aus Meis 
bilden seit mehr als zwei Jahrhunder 
ten eine lebendige Verbindung inner 
halb der Region. 
In der 1935 erschienenen «Geschich 
te des Kapuzinerklosters Meis» von 
Pater Raphael Hogg, O. M. Cap., wird 
u. a. auf die Aushilfstätigkeiten der 
Melser Kapuziner in Balzers hinge 
wiesen. Die Patres des im 17. Jahr 
hundert gegründeten Kapuzinerklo 
sters Meis waren in vielen Pfarreien 
der Region, so auch in Liechtenstein, 
tätig. Es wird vermerkt, dass den Ka 
puzinern bei den jährlichen Samm 
lungen aus Liechtenstein vor allem 
Korn, Brot, Mehl, Gerste, Linsen, 
Salz, Wein, Gemüse, Kerzen und Pa 
pier als Almosen zugute kamen. 1 
Als besondere Liechtensteiner Wohl 
täter der Kapuziner werden neben 
Graf Jakob Hannibal von Hohenems 
in Vaduz und Pfarrer Johann Oehri 
aus Schaan auch Kämmerer Valentin 
Kriss aus Triesen sowie Uli Weiss und 
Basilius Hopp, Wirt aus Balzers, er 
wähnt. Der Autor der Geschichte des 
Kapuzinerklosters schreibt, dass bei 
Erscheinen der Publikation im Jahr 
1935 die Kapuziner bei ihren Samm 
lungen im Fürstentum Liechtenstein 
hauptsächlich Wein, Mais und Gemü 
se erhielten. 2 
Die Melser Kapuziner halfen in 
Liechtenstein bereits in den ersten 
Jahrzehnten nach Gründung ihres 
Klosters aus. Diese Dienste betrafen 
in erster Linie die Pfarreien Schaan, 
Balzers, Triesen und Triesenberg, wo 
bei in Balzers am vierten Sonntag der 
Monate Februar, Mai, August und 
November Seelensonntag mit Kapu 
zineraushilfe war. Für 1935 werden 
für Balzers noch fünf Kapuzineraus 
hilfen pro Jahr notiert. 
Auch die in früheren Zeiten zu 
Schaan gehörende Pfarrei Vaduz er 
hielt ab 1722 aufgrund einer Verein 
barung der liechtensteinischen staat 
lichen Behörden mit dem Kapuziner 
kloster an neun verschiedenen Fest 
tagen einen Pater zur Aushilfe. 3 
Einen besonderen Stellenwert nahm 
im Kloster Meis die Pflege der Maian 
dacht ein. Die Gottesdienste im Mo 
nat Mai wurden deshalb stets mit 
grosser Feierlichkeit begangen. Mai 
andachten fanden jeden Tag statt. Es 
wurden Geistliche von ausserhalb des 
Klosters eingeladen, um die soge 
nannte Ehrenpredigt zu halten. So ist 
z. B. vermerkt, dass am 28. Oktober 
1712 «der hochwürdigste Herr Dr. der 
Theologie Zacharias Seger, Pfarrer in 
Balzers» Ehrenprediger war. 4 
Pater Matthäus Keust (1828-1898) 
In der langen Reihe der Patres Kapu 
ziner aus dem Kloster Meis, die in 
liechtensteinischen Pfarreien und da 
mit wohl auch in Balzers tätig waren, 
befand sich Pater Matthäus Keust. 
Pater Matthäus wirkte von 1854 bis 
1857, von 1879 bis 1883 und von 1884 
bis 1887 im Kloster Meis und war da 
mit in mehreren zum Klosterkreis 
Meis gehörenden Pfarreien tätig. In 
verschiedener Hinsicht gilt er als in 
teressante Persönlichkeit und als wa 
cher Beobachter der politischen Ent 
wicklungen jener Zeit. Besonders be 
merkenswert ist, dass er in zwanzig 
Schulheften die «Erinnerungen aus 
meinem Leben» niedergeschrieben 
hat. Das Original, in schöner deut 
scher Schrift verfasst, befindet sich 
im Provinzarchiv der Kapuziner. Pa 
ter Seraphin Arnold hat vor einigen 
Jahren Auszüge davon publizistisch 
aufgearbeitet und einer grösseren Öf 
fentlichkeit zugänglich gemacht. 
Ein solches Tagebuch an sich ist 
schon von Bedeutung und Interesse. 
Bei Pater Matthäus Keust aber han 
delt es sich zusätzlich noch um einen 
der grossen Pioniere der Fotografie. 
Somit gehört erstaunlicherweise ein 
Ordensmann, den sein Gelübde zur 
Armut verpflichtete, zu jenen, welche 
die Entwicklung der Fotografie ent 
scheidend mitgeprägt haben. Diese 
Kombination zwischen einem Tage 
buch und Fotografien ist einzigartig.
	        

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