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Beichtgelegenheit beim Pater Kapuziner
Vom Wirken der Kapuziner aus Meis in Balzers
Hans Brunhart
Die Seelsorger in der Pfarrei Balzers
konnten seit jeher auf die Unterstüt
zung von Geistlichen aus Klöstern
zählen. Diese Patres übernahmen in
einem gewissen Turnus kirchliche
Aufgaben, vor allem am Wochenen
de. Predigen und Beichthören waren
die wichtigsten Tätigkeiten.
In Balzers erfüllen - neben den Pa
tres vom Haus Gutenberg - bis heute
vor allem die Kapuziner vom Kloster
Meis diese Dienste. Viele von uns erin
nern sich sicher noch, wie die Kapuzi
ner am 8. September bei der Kapelle
Mariahilf als wortgewaltige Prediger
zu beeindrucken wussten.
Zwar zeichneten sich die Predigten
oft durch eine gewisse Strenge aus.
Kinder hingegen spürten die beson
dere Zuwendung, die ihnen die Män
ner in den braunen Kutten entgegen
brachten; und so wurden die Kapuzi
ner meist von einer ganzen Kinder
schar begleitet, wenn sie den damals
weiten Weg von der Kirche zum
Pfarrhaus unter die Füsse nahmen.
Als Geschenke gab es dann Heiligen
bildchen - bevorzugt des hl. Franzis
kus und der Mutter Gottes -, die sie
den weiten Taschen ihres Ordens
kleides entnahmen.
Jedes Jahr im Herbst sammelten die
Kapuziner Naturalien, die zu ihrem
Lebensunterhalt beitrugen, da ihnen
früher die Entgegennahme von Geld
verboten war.
Die Pfarrei Balzers und ihre Seelsor
ger haben die Dienste der Patres Ka
puziner aus Meis immer dankbar an
genommen, und sie tun das auch
heute noch. Die Kapuziner aus Meis
bilden seit mehr als zwei Jahrhunder
ten eine lebendige Verbindung inner
halb der Region.
In der 1935 erschienenen «Geschich
te des Kapuzinerklosters Meis» von
Pater Raphael Hogg, O. M. Cap., wird
u. a. auf die Aushilfstätigkeiten der
Melser Kapuziner in Balzers hinge
wiesen. Die Patres des im 17. Jahr
hundert gegründeten Kapuzinerklo
sters Meis waren in vielen Pfarreien
der Region, so auch in Liechtenstein,
tätig. Es wird vermerkt, dass den Ka
puzinern bei den jährlichen Samm
lungen aus Liechtenstein vor allem
Korn, Brot, Mehl, Gerste, Linsen,
Salz, Wein, Gemüse, Kerzen und Pa
pier als Almosen zugute kamen. 1
Als besondere Liechtensteiner Wohl
täter der Kapuziner werden neben
Graf Jakob Hannibal von Hohenems
in Vaduz und Pfarrer Johann Oehri
aus Schaan auch Kämmerer Valentin
Kriss aus Triesen sowie Uli Weiss und
Basilius Hopp, Wirt aus Balzers, er
wähnt. Der Autor der Geschichte des
Kapuzinerklosters schreibt, dass bei
Erscheinen der Publikation im Jahr
1935 die Kapuziner bei ihren Samm
lungen im Fürstentum Liechtenstein
hauptsächlich Wein, Mais und Gemü
se erhielten. 2
Die Melser Kapuziner halfen in
Liechtenstein bereits in den ersten
Jahrzehnten nach Gründung ihres
Klosters aus. Diese Dienste betrafen
in erster Linie die Pfarreien Schaan,
Balzers, Triesen und Triesenberg, wo
bei in Balzers am vierten Sonntag der
Monate Februar, Mai, August und
November Seelensonntag mit Kapu
zineraushilfe war. Für 1935 werden
für Balzers noch fünf Kapuzineraus
hilfen pro Jahr notiert.
Auch die in früheren Zeiten zu
Schaan gehörende Pfarrei Vaduz er
hielt ab 1722 aufgrund einer Verein
barung der liechtensteinischen staat
lichen Behörden mit dem Kapuziner
kloster an neun verschiedenen Fest
tagen einen Pater zur Aushilfe. 3
Einen besonderen Stellenwert nahm
im Kloster Meis die Pflege der Maian
dacht ein. Die Gottesdienste im Mo
nat Mai wurden deshalb stets mit
grosser Feierlichkeit begangen. Mai
andachten fanden jeden Tag statt. Es
wurden Geistliche von ausserhalb des
Klosters eingeladen, um die soge
nannte Ehrenpredigt zu halten. So ist
z. B. vermerkt, dass am 28. Oktober
1712 «der hochwürdigste Herr Dr. der
Theologie Zacharias Seger, Pfarrer in
Balzers» Ehrenprediger war. 4
Pater Matthäus Keust (1828-1898)
In der langen Reihe der Patres Kapu
ziner aus dem Kloster Meis, die in
liechtensteinischen Pfarreien und da
mit wohl auch in Balzers tätig waren,
befand sich Pater Matthäus Keust.
Pater Matthäus wirkte von 1854 bis
1857, von 1879 bis 1883 und von 1884
bis 1887 im Kloster Meis und war da
mit in mehreren zum Klosterkreis
Meis gehörenden Pfarreien tätig. In
verschiedener Hinsicht gilt er als in
teressante Persönlichkeit und als wa
cher Beobachter der politischen Ent
wicklungen jener Zeit. Besonders be
merkenswert ist, dass er in zwanzig
Schulheften die «Erinnerungen aus
meinem Leben» niedergeschrieben
hat. Das Original, in schöner deut
scher Schrift verfasst, befindet sich
im Provinzarchiv der Kapuziner. Pa
ter Seraphin Arnold hat vor einigen
Jahren Auszüge davon publizistisch
aufgearbeitet und einer grösseren Öf
fentlichkeit zugänglich gemacht.
Ein solches Tagebuch an sich ist
schon von Bedeutung und Interesse.
Bei Pater Matthäus Keust aber han
delt es sich zusätzlich noch um einen
der grossen Pioniere der Fotografie.
Somit gehört erstaunlicherweise ein
Ordensmann, den sein Gelübde zur
Armut verpflichtete, zu jenen, welche
die Entwicklung der Fotografie ent
scheidend mitgeprägt haben. Diese
Kombination zwischen einem Tage
buch und Fotografien ist einzigartig.