Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1999) (1999)

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und bisher genaue Abmachungen ge 
fehlt hatten. 65 Zwei vorgängige Grenz 
begehungen mit der Gemeinde Bal- 
zers hatten keine konkreten Resulta 
te erbracht, weil die Gemeinde die 
Grenze südlicher haben wollte. Aller 
dings waren keine Grenzzeichen 
mehr vorhanden. Auch Grenzproto 
kolle und Grenzbeschreibungen fehl 
ten. Der Geometer wiederum stand 
«den Behauptungen der <berühmten 
alten Männen etwas skeptisch gegen 
über». Ein zweiter Lokaltermin mit 
Regierungsrat Alois Wille und Vize 
vorsteher Anton Frick brachte keine 
Einigung. Regierungschef Alexander 
Frick, Vizeregierungschef Ferdinand 
Nigg, Regierungsrat Alois Wille und 
Prinz Heinrich beschlossen darauf 
hin, die von Geometer Bosshardt, der 
auch die neue Landesvermessung 
durchgeführt hatte, vorgeschlagene 
Grenzkorrektur anzuerkennen. Es 
lohne sich nicht, wegen dieser Fragen 
eine Kontroverse mit der Schweiz zu 
provozieren. 
Am Tag der Unterzeichnung des 
Grenzvertrages (23. Dezember 1948) 
behandelte der Bundesrat in seiner 
Sitzung abschliessend die drei Fra 
genkomplexe, welche zum Abschluss 
der Verhandlungen um die neue 
Grenzziehung beigetragen hatten. 
Für die wirtschaftliche Versorgung 
während des Zweiten Weltkrieges 
sollten dem Fürstentum Liechten 
stein nur SOO’OOO Franken berechnet 
werden. Eine abfällige Verstärkung 
des Grenzwachtkorps könne nur 
durch die Aufstockung aus den eige 
nen Reihen erfolgen. Die militärische 
Verstärkung der Grenzorgane sei 
ausgeschlossen. Eine Garantie zur 
Evakuierung der Balzner Bevölke 
rung im Kriegsfall wurde nicht abge 
geben, jedoch sollte sie den Schwei 
zern in ähnlichen Lagen gleichge 
stellt werden. 66 
Der Grenzvertrag 67 konnte schliess 
lich, wie erwähnt, am 23. Dezember 
1948 in Bern unterzeichnet werden. 
Artikel 1 betraf den Situationsplan 
und die Beschreibung der neuen 
Grenze vom Rhein über das Ellhorn, 
St. Katrinabrunna bis auf das Würz- 
nerhorn, Artikel 2 beinhaltete das 
Nutzungsrecht der Quelle St. Katri 
nabrunna durch die Schweiz. In Arti 
kel 3 schliesslich wurde eine ständige 
gemischte Kommission mit je drei 
Delegierten eingesetzt. Sie hatte die 
neue Grenze zu vermessen und zu 
vermarken, instandzustellen und zu 
unterhalten. Am 1. April 1949 stimm 
ten der National- und der Ständerat 
dem Vertragswerk zu. Weil es sich um 
einen Staatsvertrag handelte, musste 
das Ende der Referendumsfrist abge 
wartet werden, welche ungenutzt ver 
strich. Die Urkunden 68 wurden am 
15. August 1949 ausgetauscht. 69 
Abtretung und Zugewinn 
In den Räumen Ellhorn und And wa 
ren Gebiete von zusammen 45 Hekt 
aren mit einem Schätzwert von 
SO'OOO Franken an die Schweiz abge 
treten worden. Dafür erhielt Liech 
tenstein (Balzers) auf der Mälsner All 
mein und in den Gebieten Fläscher 
Riet und Pradwiesen eine gleich 
grosse Fläche mit einem Schätzwert 
von 120’000 Franken. Die grund- 
bücherlichen Eintragungen erfolg 
ten im Juli 1951. Für die Schweiz 
spielten die 45 Hektaren am Ellhorn, 
abgesehen von ihrem militärischen 
Nutzen, keine Rolle. Die kleine Ge 
meinde Balzers jedoch verlor eines 
ihrer markantesten Gebiete. Das Ell 
horn, Diabalöcher, Heidakopf und 
Freiaberg gehörten nun zur Schweiz. 
Im Fläscher Riet/Pradwiesen rückte 
die Grenze etwas nach Süden bis zum 
Fläscherloch, ebenso wurde im Be 
reich Zeneköpfle eine Korrektur vor 
genommen. 
Den Gebietsausgleich seitens der 
Schweiz leistete der Kanton Grau 
bünden, worüber der Rechtshisto 
riker Peter Liver ein Gutachten anfer 
tigte. Es zeigte sich, dass eine solche 
Grenzrevision in die Kompetenz des 
Bundes fiel. Graubünden verzichtete 
am 7. Januar 1949 auf jeden An 
spruch, forderte allerdings eine Ver 
gütung von 12'000 Franken. Als Fra 
ge stand nur noch im Raum, inwie 
weit die Gemeinde Fläsch für einen 
allfälligen Steuerverlust, der aus der 
Abtretung von Gebieten erwachsen 
könnte, zu entschädigen wäre. Dar 
über hatte sie sich mit dem Eidgenös 
sischen Politischen Departement ins 
Einvernehmen zu setzen. 
Forderungen der Gemeinde Balzers 
Insgesamt war die Gemeinde Balzers 
unzufrieden, weil das Land gegen den 
Willen der Gemeinde die Grenzverle 
gung am Ellberg durchgeführt hatte. 
Laut Protokollbuch des Balzner Ge 
meinderates vom 22. Januar 1949 ver 
gütete die Schweiz die im Krieg ange 
richteten Militärschäden mit rund 
30’000 Franken. Dazu kamen Kosten 
für die Instandstellung des Mälsner 
Holzweges in Höhe von knapp 7’000 
Franken. 
Am 9. Januar und 2. Februar 1949 be 
schloss die Gemeindeversammlung, 
unter Beizug eines juristischen Bera 
ters mit der Regierung in Verhand 
lungen zu treten, um die Entschädi 
gungsansprüche der Gemeinde gel 
tend zu machen. Sie musste jedoch 
ihre Erwartungen sukzessive zurück 
schrauben. In einer Sitzung vom 25. 
April verlangte Balzers 1,3 Millionen 
Franken Entschädigung für die Ab 
tretung des Ellhorns, die Regierung 
bot 300'000 Franken. Am 2. Mai 
schrieb die Gemeinde nach Vaduz, 
dass sie alles erhalten müsse, was die 
Regierung von der Schweiz an finan 
ziellen Mitteln erhalten habe. Balzers 
und seine Bevölkerung seien der leid 
tragende Teil des ganzen Handels, 
und dem Land stehe «weder ein mo 
ralischer noch ein rechtlicher An 
spruch zu, zu Lasten der Gemeinde 
Balzers irgend einen finanziellen 
Nutzen aus der Angelegenheit zu zie 
hen». Die Schweiz habe etwa 3 Millio 
nen Franken für die Lebensmittel 
schuld aus der Zeit des Zweiten Welt 
krieges verlangt und diese Forderung 
schliesslich auf SOO'OOO Franken re 
duziert. Die Gemeinde habe deshalb 
beschlossen, ihre eigene Forderung 
an das Land auf SOO'OOO Franken zu 
beschränken, zumal sie davon ausge 
he, dass diese Summe «unter dem Mi 
nimum an finanziellem Nutzen des 
Landes aus den Ellhorn-Verhand 
lungen» hege. Sie glaube jedoch, die 
sen Antrag als «anständigen Kom 
promiss zwischen den Interessen des 
Landes und der Gemeinde gegenüber 
vertreten» zu können. 70 Am 17. Mai 
1949 schliesslich beschloss der Land 
tag, Balzers mit 412’500 Franken zu 
entschädigen. Das Referendum wur 
de nicht ergriffen. 
Die im Grenz-Staatsvertrag verein 
barte gemischte Kommission tagte 
erstmals am 13. September 1949. Da 
bei wurde grundbücherlich festge 
legt, dass «die Balzner das Holz aus 
der rechten Rheinflanke, genannt Im
	        

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