51
- f- ’ v " ■
erfasst. In leichter Aufsicht lenkt er
den Blick von seinem Standpunkt
oberhalb des Dorfes über Magerwie
sen und Streuobstbestand - heute
das überbaute Gebiet der Heiligwies
- auf die Gebäudegruppe im Winkel
mit den ersten Steinhäusern des
Dorfes. Erkennbar ist das typische
Balzner Haus: ein rechteckiger Stein
bau mit relativ steilem Satteldach,
das nur wenig über die Hausmauer
hervorsteht. Dominierend im Bild ist
der Turm der Pfarrkirche St. Niko
laus aus dem Jahr 1 807 - ein weithin
sichtbares Wahrzeichen der Gemein
de Balzers umgeben von der Fried
hofsmauer. Dahinter befindet sich
der alte Pfarrhof, der bis 1967 als
Wohnung des Pfarrers diente. Bereits
zu Zotows Zeiten war das Kirchen
schiff nicht mehr erhalten. Die Steine
wurden für den Bau des alten Balz
ner Gemeindehauses verwendet. Der
Kirchturm blieb stehen und wurde
im gleichen Jahr renoviert.
Nahezu schemenhaft erscheint dage
gen Burg Gutenberg, die 1951 von
Hermine Kindle de Conteras Torres
und Miguel de Conteras Torres
erworben wurde. Links am Fusse des
Burghügels sieht man die Fürst-
Johann-Jubiläumskirche von 1912,
deren Umgebung bis in die Sech
zigerjahre eine Naturwiese bildete.
Links daneben befindet sich das heu
tige Haus Gutenberg.
Infolge einer regen Bautätigkeit ver
änderte sich ab den Fünfzigerjahren
das Bild der Gemeinde Balzers
grundlegend. Von dieser Entwick
lung ist auf Zotows Ansicht noch
nichts zu erahnen. Neben dem doku
mentarischen Wert der Radierung
darf jedoch der besondere Stim
mungscharakter des Blattes, der bei
anderen Arbeiten der Gemeinde
mappe weniger stark ausgeprägt ist,
nicht unerwähnt bleiben. Die spät
herbstliche Atmosphäre wird ver
stärkt durch die Wolkenbildung am
Himmel sowie durch einen am linken
Bildrand stehenden, vom Blitz ge
troffenen Baum - ein Gestaltungs
element, das der Künstler auch
in Landschaftsdarstellungen seiner
ukrainischen Heimat einsetzte.
Abb. 4:
«Belagerung von Burg Gutenberg»
Studie zur Briefmarkenserie von 1942
Öl auf Holz, 67,7 x 97,3 cm
Postmuseum Vaduz
Neben verschiedenen Probedrucken
der Ansicht von Balzers hat sich
zudem eine interessante Vorzeich
nung erhalten (Abb. 2), in der Zotow
mit wenigen Strichen die ihm we
sentlichen Merkmale der Gemeinde
skizziert. Dem alten Kirchturm gibt
er mehr Gewicht durch eine optische
Erhöhung, so dass er weit über die
Berge hinausragt. In der Skizze
radiert er diese Idee zunächst noch
mals aus, doch in der späteren
Fassung wird der Turm als dominie
rendes Merkmal der Gemeinde reali
siert. Die rahmenden Bäume am
rechten und linken Bildrand geben
dem Blatt mehr räumliche Tiefe, wie
eine weitere Variante (Abb. 3), in der
diese Elemente fehlen, deutlich
macht.