27
Kanonikus Josef Anton Wolfinger (1798-1870)
Hans Brunhart
Einleitende Bemerkungen
In seiner interessanten Arbeit «Liech
tensteinische Pädagogen im Aus
land» schreibt Graham Martin über
Kanonikus Josef Anton Wolfinger:
«Leider wurde die Biographie dieser
energischen, manchmal unbeque
men und für die liechtensteinische
Geschichte bedeutenden Persönlich
keit nie mit gebührender Vollständig
keit dargestellt.» 1
Der folgende Abriss der wichtigsten
Lebensstationen Wolfingers aus An
lass der 200. Wiederkehr seines
Geburtsjahres vermag diese Lücke
weder im Hinblick auf den erstre
benswerten wissenschaftlichen An
spruch noch im Hinblick auf die
wünschenswerte Vollständigkeit zu
füllen. Gleichwohl hofft der Autor,
mit diesem Aufsatz, verbunden mit
der Publikation eines Auszugs aus
dem Briefwechsel zwischen Wol
finger und Grundbuchführer Johann
Peter Rheinberger, Persönlichkeit
und Werk in Erinnerung zu rufen
und einen Anstoss zu weiteren For
schungsarbeiten zu geben.
Herkunft und Ausbildung
Josef Anton Wolfinger wurde am 22.
Januar 1798 als Sohn von Andreas
Leonhard Wolfinger und Maria
Josefa Wolfinger-Vogt im Haus Nr. 77
in der Iradug geboren. Sein Vater war
der Stammvater der Schriinerbueba
(siehe Stammtafel).
Nach der Schulzeit, wobei keine An
gaben darüber vorliegen, welches
Gymnasium er besucht hat, tritt er in
den Jahren 1818 bis 1820 als
Empfänger des Krissschen Studien
stipendiums auf. Dieses seit 1689 bis
heute bestehende Stipendium wurde
von Valentin von Kriss, Pfarrer in
Triesen, gestiftet. Mit dem Stipen
dium wurden Theologiestudenten
unterstützt. Anzumerken ist, dass
Valentin von Kriss aus Balzers
stammte. Sein Grossvater gleichen
Namens war um das Jahr 1580 nach
Balzers eingewandert und dort einge
bürgert worden.
Josef Anton Wolfinger absolvierte
sein Theologiestudium am Priester
seminar St. Luzi in Chur. In der Kir
che des Seminars St. Luzi wurde er
am 22. April 1821 durch Fürstbischof
Karl Rudolf von Buol-Schauenstein
zum Priester geweiht.
Lehrer und Seelsorger
Nach seiner Ausbildung unterrichte
te der Jungpriester von 1821 bis 1823
am Katholischen Kantonsgymnasi
um in St. Gallen die Fächer Rhetorik
und Poetik. Schon nach kurzer Zeit
wechselte er in die Seelsorge: Zwi
schen 1823 und 1827 war er als Pfar
rer in Muolen/SG tätig und von 1827
bis 1832 als Pfarrer in St. Peterzell im
Toggenburg. Dort wirkte er an der
beiden Konfessionen dienenden
Pfarrkirche und wohnte im ehema-
Geburtshaus von Kanonikus
Wolfinger in der Iradug, Haus Nr. 77
ligen Propsteigebäude des Klosters
St. Peterzell.
Pfarrer in Bendern
Am 5. Januar 1832 erfolgte durch das
Österreichische Gubernium in Inns
bruck die Ernennung Wolfingers als
Pfarrer von Bendern. Johann Baptist
Büchel schreibt in der «Geschichte
der Pfarrei Bendern»:
«Das Ordinariat und das liechtenst.
Oberamt empfahlen in erster Linie
den H. Wolfinger wegen seiner wis
senschaftlichen, moralischen und
politischen Tüchtigkeit. Das Ordi
nariat stellte ihm ein glänzendes
Zeugnis aus.» 2 Aktenkundig sind
seine Bemühungen beim Ordinariat
hinsichtlich der Zehentzahlungen
aus der Gemeinde Ruggell an die
Pfründe von Bendern.