Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1997) (1997)

9 
Die frühesten Aufzeichnungen von Balzner Sagen 
Rudolf Rheinberger 
Dr. Franz Josef Vonbun (1824-1870) 
Seit die Brüder Grimm am Anfang des 
19. Jahrhunderts den Anstoss dazu 
gegeben hatten, begann man im gan 
zen deutschsprachigen Raum, Volks 
sagen und Märchen aufzuzeichnen. 
Für Liechtenstein überlieferte als er 
ster Peter Kaiser in seiner «Geschichte 
des Fürstenthums Liechtenstein» 
1847 einige wenige Sagen. 1 Im glei 
chen Jahr veröffentlichte Franz Josef 
Vonbun gegen dreissig «Volkssagen 
aus Vorarlberg». Von da an liess ihn 
die Sagenforschung nicht mehr los, 
und mit der Zeit schloss er auch das 
Gebiet Liechtensteins und Graubün- 
dens in seine Forschungen ein. Von 
den zwölf durch Vonbun aus Liechten 
stein erstmals überlieferten Sagen be 
zieht sich die Hälfte auf Balzers, was 
schon auffallen muss. 
Franz Josef Vonbun (1824-1870) 
Wer war dieser Franz Josef Vonbun? 
Er wurde im Jahre 1824 in Laz bei 
Nüziders als Kind des Kleinbauern 
Franz Josef Vonbun und der Maria 
Katharina Martin geboren. Die Mutter 
starb früh, und mit vier Jahren nahm 
ihn sein Onkel Johann Martin, ein ver 
mögender Bauer aus Raggal im Gros 
sen Walsertal, in seinem Hause auf. 
Dort wohnte auch seine Grossmutter. 
Der Onkel und der Ortspfarrer erkann 
ten bald die Fähigkeiten des aufge 
weckten Jungen und ermöglichten 
ihm mit zwölf Jahren den Besuch des 
Gymnasiums in Feldkirch, das damals 
nur in sechs Jahresklassen geführt 
wurde. Um in den letzten zwei Jahren 
vor der Hochschulreife das Philoso 
phicum absolvieren zu können, muss 
te er nach Innsbruck. Danach ent 
schloss er sich, Arzt zu werden. Da 
aber in Innsbruck unter der bayeri 
schen Herrschaft 1810 die Medizini 
sche Fakultät aufgehoben worden 
war, begann Vonbun das Medizinstu 
dium 1844 in Wien. Neben dem Studi 
um der Medizin galt sein Interesse 
aber auch der altdeutschen und beson 
ders der heimatlichen Sagenwelt. 
Darin wurde er ganz wesentlich unter 
stützt durch den grossen Vorarlberger 
Historiker Josef von Bergmann, der 
damals in Wien wirkte. 2 Im turbulen 
ten Revolutionsjahr 1848 war aber in 
Wien ein geregeltes Studium nicht 
mehr möglich, weshalb Franz Josef 
Vonbun dieses für ein Jahr in Mün 
chen fortsetzte. Er kehrte jedoch zum 
Studienabschluss wieder nach Wien 
zurück und verliess diese Stadt Ende 
Dezember 1849 als «Doktor der ge 
samten Heilkunde». 
Zunächst versuchte er, in Feldkirch 
eine Praxis aufzubauen; doch schon 
nach einem halben Jahr gab er diese 
wieder auf und zog nach Schruns, wo 
ihm die Stelle eines Standesarztes für 
die Talschaft Montafon angeboten 
worden war. In dieser Stellung ver 
brachte er dann sein ganzes weiteres 
Leben. 
Josef Ferdinand Wolfinger (1800- 
1876) und seine Familie 
In Feldkirch hatte Franz Josef Vonbun 
die erst 14jährige Tochter des Och 
senwirtes, Lucretia Wolfinger 3 (1836- 
1904), kennengelernt. Ich muss hier 
auf die Geschichte der Verbindung 
von Franz Josef Vonbun mit Lucretia 
Wolfinger und ihrer Familie etwas 
näher eingehen, da sie für die Erfor 
schung der frühen Balzner Sagen von 
Bedeutung ist. Der Vater, Josef Ferdi 
nand Wolfinger aus Balzers, hatte zu 
dieser Zeit das Gasthaus «Zum Och 
sen» in der Marktgasse in Feldkirch 
gepachtet. Er war von 1817 bis 1819 
k.k. Briefsammler in Balzers gewesen 
und hatte diese Stelle wieder von 1827 
bis 1839 inne. Im Jahre 1839 wurde er 
zum k.k. Postmeister befördert und 
versah dieses Amt bis 1843. Daneben 
führte er die Gastwirtschaft «Post» in 
Balzers, die auch «Rössle» genannt 
wurde. 1840 war er Mitglied einer
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.