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gemeinschaft nicht mehr genügt. Dies
kann für einen, der sich nicht an die
lautliche Ortsnorm hält, auch unange
nehme Folgen haben: Spott und auf
Anhieb vielleicht nicht zu bemerken
de Ablehnung dürften auch in Balzers
dann nicht fehlen, ebenso wie ehrliche
Freude, wenn man feststellen kann,
dass jemand, der z.B. lange Zeit in der
Fremde war, seiner angestammten
Sprache treu geblieben ist, d.h. genau
er, den Lautungen der Sprache. Hin
gegen wird ohne weiteres toleriert,
dass sich in seinem Wortschatz das
eine oder andere fremde Wort einge
schlichen hat.
Nach meinen doch sehr umfangrei
chen Erhebungen gibt es in der
Balzner Mundart kein Wort, das nicht
auch in anderen Orten gebräuchlich
wäre, d.h. es gibt wohl typische Balz
ner Lautungen, aber kein Wort, das
nur in Balzers vorhanden wäre. Das
bedeutet aber nicht, dass die Wörter,
die ich in Balzers festgehalten habe,
nicht hochinteressant gewesen wären.
Die für die alemannische Sprachfor
schung interessantesten Wörter sind
die romanischen Reliktwörter, die in
Balzers lebendig geblieben sind. Si
cherwurde in Balzers im 14. Jahrhun
dert noch romanisch gesprochen. Das
zeigt schon der Ortsname, der von
lateinisch palatium «Palast, vorneh
mes Haus» sicher abgeleitet werden
kann. Es gibt jedoch noch etliche an
dere.
Das Wort Bargüü «Heuhütte» ist ein
gangs bereits erwähnt worden. Schon
die Endbetonung weist auf Entleh
nung aus dem Romanischen hin, und
die Tatsache, dass es auch in Grau
bünden üblich war, zeigt, dass die
Balzner ehedem mit den Bündner
Romanen sprachlich eine Gemein
schaft bildeten. Dies kann ein weiteres
Beispiel erhärten: Die Balzner nennen
den «Fasshahn» Spina, das von latei
nisch spina «Dorn» herzuleiten ist
und, wie die Karte auf Seite 6 zeigt, im
ganzen Liechtensteiner Oberland ge
bräuchlich ist. Man erkennt auch an
der Verbreitung des Wortes, dass man
im Unterland früher zum alemanni
schen Dialekt übergegangen ist als im
Oberland. Die Unterländer Bezeich
nung Pippa ist sogar ein sogenannter
«Austriazismus», d.h. einnur in Öster
reich verbreitetes Wort, das wohl die
Fürsten von Liechtenstein, die heute
dort noch viele Weingüter besitzen,
mitgebracht haben.
Ein anderer Austriazismus in Liech
tenstein ist das Wort Kaffee mit
Endbetonung, ein relativ junges ara
bisches Lehnwort, das am Wiener Hof
mit der im Französischen üblichen
Aussprache übernommen wurde. Die
Schweizer sagen wie die Deutschen
Käffi mit Anfangsbetonung wie im
Englischen.
Das sprachgeschichtlich interessante
ste Wort ist der Wassertätsch «schwar
zer Alpensalamander», eine Umbil
dung von romanisch quattuor pedia
«vierfüssiges Tier», das im Unterland