Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1997) (1997)

7 
gemeinschaft nicht mehr genügt. Dies 
kann für einen, der sich nicht an die 
lautliche Ortsnorm hält, auch unange 
nehme Folgen haben: Spott und auf 
Anhieb vielleicht nicht zu bemerken 
de Ablehnung dürften auch in Balzers 
dann nicht fehlen, ebenso wie ehrliche 
Freude, wenn man feststellen kann, 
dass jemand, der z.B. lange Zeit in der 
Fremde war, seiner angestammten 
Sprache treu geblieben ist, d.h. genau 
er, den Lautungen der Sprache. Hin 
gegen wird ohne weiteres toleriert, 
dass sich in seinem Wortschatz das 
eine oder andere fremde Wort einge 
schlichen hat. 
Nach meinen doch sehr umfangrei 
chen Erhebungen gibt es in der 
Balzner Mundart kein Wort, das nicht 
auch in anderen Orten gebräuchlich 
wäre, d.h. es gibt wohl typische Balz 
ner Lautungen, aber kein Wort, das 
nur in Balzers vorhanden wäre. Das 
bedeutet aber nicht, dass die Wörter, 
die ich in Balzers festgehalten habe, 
nicht hochinteressant gewesen wären. 
Die für die alemannische Sprachfor 
schung interessantesten Wörter sind 
die romanischen Reliktwörter, die in 
Balzers lebendig geblieben sind. Si 
cherwurde in Balzers im 14. Jahrhun 
dert noch romanisch gesprochen. Das 
zeigt schon der Ortsname, der von 
lateinisch palatium «Palast, vorneh 
mes Haus» sicher abgeleitet werden 
kann. Es gibt jedoch noch etliche an 
dere. 
Das Wort Bargüü «Heuhütte» ist ein 
gangs bereits erwähnt worden. Schon 
die Endbetonung weist auf Entleh 
nung aus dem Romanischen hin, und 
die Tatsache, dass es auch in Grau 
bünden üblich war, zeigt, dass die 
Balzner ehedem mit den Bündner 
Romanen sprachlich eine Gemein 
schaft bildeten. Dies kann ein weiteres 
Beispiel erhärten: Die Balzner nennen 
den «Fasshahn» Spina, das von latei 
nisch spina «Dorn» herzuleiten ist 
und, wie die Karte auf Seite 6 zeigt, im 
ganzen Liechtensteiner Oberland ge 
bräuchlich ist. Man erkennt auch an 
der Verbreitung des Wortes, dass man 
im Unterland früher zum alemanni 
schen Dialekt übergegangen ist als im 
Oberland. Die Unterländer Bezeich 
nung Pippa ist sogar ein sogenannter 
«Austriazismus», d.h. einnur in Öster 
reich verbreitetes Wort, das wohl die 
Fürsten von Liechtenstein, die heute 
dort noch viele Weingüter besitzen, 
mitgebracht haben. 
Ein anderer Austriazismus in Liech 
tenstein ist das Wort Kaffee mit 
Endbetonung, ein relativ junges ara 
bisches Lehnwort, das am Wiener Hof 
mit der im Französischen üblichen 
Aussprache übernommen wurde. Die 
Schweizer sagen wie die Deutschen 
Käffi mit Anfangsbetonung wie im 
Englischen. 
Das sprachgeschichtlich interessante 
ste Wort ist der Wassertätsch «schwar 
zer Alpensalamander», eine Umbil 
dung von romanisch quattuor pedia 
«vierfüssiges Tier», das im Unterland
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.