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Höfle, Häuser Nrn. 28-34, Hinterhof
situation und Ansicht Süd-Ost
Da nur noch ein geringer Teil der Ge
bäude im Höfle bewohnt und genutzt
wird und die Durchführung notwendi
ger Unterhaltsarbeiten in den vergan
genen Jahren zunehmend vernachläs
sigt wurde, stellt sich heute die Frage
nach der Zukunft der Bauten im
Höfle. Immer wieder wird der Ruf
nach Abbruch der als unschön gelten
den Häusei laut. Der zu geringe
Wohnkomfort, die Höhe der zu erwar
tenden Baukosten und statische Pro
bleme lassen eine Renovation der
Häuser vielfach als wenig sinnvoll er
scheinen.
Den auch in der Gemeindestube zum
Thema «Erhalt oder Abbruch des
Höfle» geführten Diskussionen ist
eine Vielzahl von Architektur- und In
genieurstudien vorausgegangen. So
befasste man sich zunächst Ende der
1970er Jahre mit der Möglichkeit ei
ner künftigen baulichen Verdichtung.
Aus den unterschiedlichen Studien
ging die im Dezember 1980 vorgestell
te Ortskernplanung «Im Höfle» 3 her
vor, die in einem Gestaltungsplan den
Erhalt der Altbauten sowie eine bauli
che Verdichtung der rückseitigen
Freiräume vorsieht. Eine im Juni 1985
abgeschlossene Untersuchung 4 gibt
Auskunft über die Durchführbarkeit
der Erhaltung der beiden ostscitigcn
Gebäudegruppen und prüft die ver
schiedenen Nutzungsmöglichkeiten.
Während die rückwärtigen Ökonomie
bauten abgebrochen werden sollen,
sieht das Projekt den Erhalt der alten
Wohnbauten vor. Diese sollen für Ge
werbe-, Büro-, Schul-, Ausstellungs
und Wohnzwecke genutzt werden.
Die Erhaltung der alten Bausubstanz
wird als eine sehr anspruchsvolle,
aber durchaus lösbare Aufgabe darge
stellt. Die Herausforderung wollte je
doch, zumindest bisher, noch nie
mand annehmen.
Die Chancen für einen Fortbestand
des Höfle mit seinen historischen
Wohnbauten, den dazugehörigen Stall
scheunen und Hinterhöfen sind aus
heutiger Sicht als sehr gering einzu
schätzen. In besonderem Mass ge
fährdet ist derzeit die ostseitige Häu
sergruppe. Vielleicht mögen die durch
den Durchgangsverkehr verursachten
schlechten Wohnverhältnisse, die zu
kleinen und zu wenig komfortablen
Wohnräumc, eine fehlende Alterna-
tivnutzung oder die zu erwartenden
relativ hohen Renovationskosten für
einen Abbruch des Althcstnnds spre
chen. Vergleichsbeispiele zeigen je
doch, dass mit entsprechendem Wil
len und Engagement der Erhalt einer
historischen Gebäudegruppe sehr
wohl Vorteile gegenüber einem zu
nächst scheinbar problemlosen Ab
bruch birgt. Sollte die Lösung für das
Höfle tatsächlich im Abbruch der
Häuser gefunden werden, so bleibt
schlussendlich die Beantwortung ei
ner Reihe wichtiger Fragen offen: Was
passiert mit den verbleibenden Alt
bauten? Bleiben Hinterhöfe und Gär
ten als Lebensraum erhalten? Wie
müssen Neubauten aussehen, die auf
die spezifische ortsbauhche Situation
des Höfle einzugehen wissen? Die
wichtigste aller Fragen aber lautet:
Wird durch den Verlust der Altbauten
im Höfle nicht doch ein Kernstück
Balzner Heimatgeschichte aufgege
ben? Diese Frage sollte gewissenhaft
geprüft werden.
Mag das Balzner Höfle heute auch
mehr einer «Villa zum dürren Ast» als
einer attraktiven Gebäudegruppe glei
chen - eine Renovation und Anpas
sung der Altbauten vermöchten wohl
mehr an geschichtlichem Reichtum
und an Identität wiederzugeben als es
Ersatzneubauten in der Lage sind.
Anmerkungen
’ Peter Albertin: Höfle Balzers. Erste Er
gebnisse zur Baugeschichte. Winterthur
1996.
2 Ingrid Wohlwend: Der Dorfbrand von
1795. In; Balzner Neujahrsblätter 1995,
S. 61-67.
3 Ortskernplanung «Im Höfle» Balzers.
Sonderorientierung Nr. 84. Balzers
1980.
4 Walter Schlegel und Partner: Im Höfle.
Trübbach 1985.