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gangenen Jahrzehnten hingerichteten
Hexenpersonen, die Nachkommen
hatten, in schlechter Absicht ziemlich
vollständig angeführt sind. Eine ge
ringe Erhöhung ihrer Zahl ist aller
dings angebracht, da man mit einigen
alleinstehenden Opfern rechnen muss
und wohl auch nicht in jedem Fall
Nachfahren in Verfolgungen verstrickt
waren.
Nach Fertigstellung des Salzburger
Gutachtens wurden 1682 sämtliche
Urteile der Hexenprozesse aufgeho
ben. Die überlebenden Opfer und die
Hinterbliebenen von Hingerichteten
erhielten daraufhin Gelegenheit, ihre
Ansprüche gegen die Herrschaft anzu
melden. Dabei wurden nicht nur die
Hexenprozesse der letzten Jahre be
rücksichtigt. Das zeigt das Beispiel ei
ner Frau vom Triesnerberg, die einen
Schaden vorbrachte, welcher vor 18
Jahren durch ihre Flucht vor den Hä
schern entstanden war. 14
Die Feststellung der Opfer blieb also
sowohl bei den Prozessen als auch
nach deren Aufhebung nicht dem Zu
fall überlassen. Sie war für die Überle
benden und deren Nachkommen von
grossem wirtschaftlichen Interesse.
Auch aus diesem Grund ist eine gute
Qualität der Erinnerung anzuneh
men, die sich zudem nur auf den rela
tiv kurzen Zeitraum von einigen Jahr
zehnten bezog. Unter den gegebenen
Umständen ist von einer hohen Über
einstimmung der archivalisch doku
mentierten Angaben bezüglich der
Todesopfer mit der historischen Rea
lität auszugehen. Ein möglicher Akten
verlust fällt nicht wesentlich ins Ge
wicht.
Die von Seger aus den Prozessunter
lagen der Jahre 1679/80 eruierte Zahl
von etwa 90 Hingerichteten aus frühe
rer Zeit stimmt in etwa mit den Anga
ben des Chronisten Hans Keyser von
Zizers überein. Dieser berichtete, dass
in der Grafschaft Vaduz bei Prozessen
in der Zeit zwischen 1648 und 1650
über 100 Todesopfer zu verzeichnen
waren. 15 Für die Zeit zwischen dem
Ende der gerichtlichen Hexenverfol
gung um die Jahrhundertmitte 16 und
dem Beginn der letzten liechtensteini
schen Prozesse im Jahr 1679 führt
Peter Kaiser an, dass das Hexenwesen
seit 1666 wieder wütete. 17 Das bedeu
tete zwar, dass Menschen einander
verdächtigten, verleumdeten und vor
Gericht brachten. Dass jedoch auch
Hexenprozesse im eigentlichen Sinn
(also keine Injurienverfahren oder
Vorerhebungen) stattfanden, lässt
sich bislang nicht belegen. Seger
schreibt, das Salzburger Rechtsgut
achten umfasse die Prozesse von 1677
bis 1680; er führt jedoch aus der Zeit
vor 1679 nur gerichtliche Protokollie
rungen an. Unter dem Titel der «Gift
mischerei» reichen diese Erhebungen
bis 1675 zurück. 18 Wenn in einer späte
ren Zusammenstellung die hohen Ein
künfte von Vaduz und Schellenberg
auch für dieses Jahr mit Kon
fiskationen in Verbindung gebracht
Titelblatt des Konzeptbandes des Gut
achtens von 1682 im Archiv der Uni
versität Salzburg
werden, ist dies noch kein überzeu
gender Beleg für Hexenprozesse in
dieser Zeit. 19
Bislang lassen sich also zwischen
1650 und 1679 keine Hexenprozesse
nachweisen. Falls dies durch neue
Aktenstudien oder -funde in Zukunft
gelingt, sind zunächst Keysers Anga
ben nach unten zu revidieren, denn es
ist - wie dargelegt - davon auszugehen,