Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1996) (1996)

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wurden (z.B. des Landammannes, des 
Churer Bürgermeisters, von Depu 
tierten etc.). Regelmässige Ausflüge in 
die Region hatten staatsbürgerliche 
Lehrziele, indem die Schüler dabei 
ganz konkret mit geschichtlichen, 
namenkundlichen, ökonomischen, po 
litischen und naturräumlichen Fra 
gen konfrontiert wurden. Das Beispiel 
eines solchen Ausfluges gibt die Wan 
derung nach Balzers im Mai 1789. 
Schulausflüge 
Es wird im Jeniser Ausflugsbericht 
deutlich, dass die Exkursion auch 
konkrete Bildungsziele verfolgte. Die 
Schüler sollten sich mit den Fragen, 
die sich ihnen während der Wande 
rung stellten, auseinandersetzen. Tat 
sächlich befassten sie sich mit na 
menkundlichen Fragen, dem alten ro 
manischen Spachgut, der Organisa 
tion der Feuerwehr in den oft von 
Bränden heimgesuchten Dörfern - 
sechs Jahre nach dieser Exkursion 
brannte ja auch ein Grossteil von 
Balzers ab - und dem in unseren Ge 
genden früher üblichen Kalkbrennen. 
Breiten Raum nehmen die Diskussion 
über wald- und holzwirtschaftliche 
Fragen im Zusammenhang mit dem 
Steigwald und über den Strassenbau 
ein. 1782-1785 hatten die Drei Bünde 
die sogenannte «Deutsche Strasse» 
von St. Katrinabrunna über die St. Luzi 
steig gebaut. Der Strassenbau hatte 
für Balzers, das den Güterverkehr 
über die St. Luzisteig nach Maienfeld 
besorgte, wichtige Bedeutung. Das 
erklärt zum Teil auch die Existenz von 
fünf Gasthäusern 1784 und von noch 
vier Gasthäusern im Jahr 1789. Ande 
re Punkte im Reisebericht betreffen 
den Meierhof auf der Steig, die Befe 
stigungsanlagen, die Bewässerung 
der Steigwiesen und schliesslich den 
Grenzübertritt nach Balzers in das 
konfessionell anders geprägte und 
politisch anders strukturierte Aus 
land. Den Schluss bilden die Einkehr 
im Wirtshaus «Post», Wirtshaus 
klatsch und die Wechselprobleme mit 
den damals zahlreichen Münz- und 
Geldsorten. 
Das Wirtshaus zur Post 
Postwirt war damals Johann Ulrich 
Sieger (1752-1806), Ehemann der 
Anna Maria Franziska Negele (1744- 
1823), deren erster Mann der 1773 
verstorbene Postwirt Josef A. Wol- 
finger gewesen war. Dieser Wolfinger 
hatte in das Wirtshaus «Post» einge 
heiratet und die rund zweihundert 
jährige Tradition der Wolfinger-Wirte 
in diesem Gasthaus begründet. Vor 
her hatte eine Familie Walser in der 
«Post» gewirtet. Mit der Erreichung 
der Volljährigkeit 1791 übernahm 
Franz Josef Wolfinger, der Sohn von 
Josef und Anna Maria Franziska 
Negele (also der Stiefsohn Johann Ul 
rich Stegers), die Führung des Gast 
hauses. Franz Josef Wolfinger war mit 
Maria Anna Rheinberger vermählt, 
der Tochter des Löwenwirtes in Va 
duz. 
Balzers und Mals 
Balzers und Mäls waren um 1800 klei 
ne und eher armselige Dörfchen, wie 
das bei den andern liechtensteini 
schen Ortschaften und etwa auch 
beim Städtchen Maienfeld der Fall 
war. Im Jahr 1784 hatte Balzers 
gemäss einer Landesbeschreibung 
eine Pfarrkirche, zwei Kapellen, 106 
Häuser und 382 Einwohner/innen 
(ohne Hintersassen). Auf die Bedeu 
tung des Warentransports weist auch 
der Umstand hin, dass es in Balzers- 
Mäls damals fünf Gasthäuser gab, 
eine Mühle, eine Säge, einen Schmied 
und einen Wagner. Das Hauptein 
kommen kam aus dem Fuhrwerk über 
die St. Luzisteig nach Maienfeld. An 
sonsten lebte man bescheiden von Ak- 
kerbau und Viehzucht, von Obst- und 
Weinbau. Wein war früher ein Volks 
getränk, der als solches auch von Kin 
dern und Jugendlichen genossen wur 
de. 
Im Jahr 1789, als die Jeninser ihren 
Ausflug machten, zählte Balzers-Mäls 
109 Wohnhäuser, davon standen 40 in 
Mäls. Der Jeninser Berichterstatter 
erwähnt vier Gasthäuser, die mit ho 
hen, vor das Gasthaus gepflanzten 
Tannenbäumen gekennzeichnet wa 
ren. Im Jahr 1815, zwanzig Jahre nach 
dem verheerenden Dorfbrand 1795 
und kurz vor der grossen Hungersnot 
1816/17, umfasste Balzers-Mäls 127 
Häuser mit 752 Einwohnern. 
Beschissen Meis 
Der Jeninser Reisebericht bezeichnet 
Mäls als «Beschissen Meis», wie das 
Dorf auch in anderen neuzeitlichen 
Quellen manchmal genannt wird. Aus 
den Quellen wird deutlich, dass das 
kleinere rechtsrheinische «Mäls» vom 
grösseren sarganserländischen «Meis» 
unterschieden werden sollte. «Mäls» 
erscheint in den älteren Quellen meist 
als «Kleinmäls» (1500: deines mels, 
1552: kleines mails). Der Ort taucht in 
den Materialien des Liechtensteiner 
Namenbuches für 1613 und 1622 als 
«bschissnes Mälss» bzw. als «Bschis 
Meis» auf, 1701 als das «Trieben 
Meis», 1760 auch als das «ver- 
schmisene Meis» und das «beschmis 
sen Klein Meis». 
Solche Benennungen, die an sich alle 
ähnliche Bedeutungen haben (be 
fleckt, schmutzig, betrogen, betrüge 
risch), waren früher nicht selten. Die 
Sprache und der Wortschatz waren 
anders, und zahlreiche Wörter, die 
heute in ausgesprochen pejorativem 
Sinne gebraucht werden, hatten frü 
her nicht dieselbe negative Bedeu 
tung. Hinzu kam der Spott, den 
Grössere für Kleinere oft übrig haben 
- die Ortsbezeichnung «Bschessa- 
mäls» könnte durchaus spöttischen 
und boshaften Charakter gehabt ha 
ben. Vielleicht meinte man damit 
auch einfach nur, dass Mäls im Ver 
gleich zum benachbarten Meis kleiner 
war und der Schreiber und Karto 
graph einen deutlichen Unterschied 
machen wollte. Diese Deutung 
(«bschessa» als «verkleinert, vermin 
dert») ist eine Spekulation, die sich 
anhand der Fach- und Wörterlexika 
nicht stützen lässt. Jedenfalls taucht 
in den Quellen und in den alten Karten 
für Mäls meist die Bezeichnung 
«Kleinmäls» auf, was den Ort klar ge 
genüber «Meis» abgrenzt. Welche Be 
deutung der Begriff «bschessa» im 
Zusammenhang mit Mäls hatte, lässt 
sich nach heutigem Wissensstand der 
Namenkunde nicht abschliessend be 
urteilen.
	        

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