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Inventar der Naturwerte in Balzers
Wilfried Kaufmann
Natur- und Umweltschutz werden zur
zentralen Frage der Lebensqualität.
Nachhaltiger Wohlstand, bleibendes
Wohlbefinden können nur in natur
nahen Lebens- und Wirtschaftsfor
men gedeihen. Wir stehen an der Jahr
lausendwende inmitten einschnei
dender Veränderungen, angetrieben
von einem tiefen gesellschaftlichen
Unbehagen.
Der tiefste Grund dieses Unbehagens
liegt in der Naturferne der Massen.
Der Normalmensch unserer Tage hat
nicht mehr die Gnade, sich an der
Quelle der Natur zu erfreuen. Zu sehr
ist die Seele verschüttet vom unersätt
lichen, manischen Konsum- und
Sensationshunger eines sich selbst
entfremdeten Menschentyps. Es ist,
als ob Automaten ein Werbepro
gramm abspulten, als ob wir unfähig
wären, die Falschheit in Presse und
Fernsehen zu erkennen. Das Geld, der
Krimi, das Auto, die Karriere, die
weltfremde Droge - sie regieren über
die Bedürfnisse der nach Wahrheit
dürstenden Seele. Wer kann noch in
Demut die Wunder des Lebens er
gründen, vor einer blühenden Wiese
staunen, ergriffen sein von der Kraft
der Schöpfung, sich geborgen fühlen
in einem unermesslich weisen, gros
sen Ganzen, Wurzeln schlagen im Ur-
vertrauen, aus dem alle Lebenskraft,
alle bleibende Freude entspringt?
Der Kampf um unsere natürlichen
Überreste ist ein Kampf für unsere
Nachfahren. Aus Eigennutz haben wir
in nur zwei Generationen fast alles
Natürliche zerstört. Naturtrümmer
überall, Krumen von Schlachtopfern
einer Welt, die Gott durch Geld, Ka
thedralen durch Warenhäuser ersetzt
hat. Ein lebensfeindlicher, materiali
stischer Zeitgeist hat uns blind,
stumm und taub geschlagen für alles
Lebendige, Wahrhaftige, Tiefe und
Schöne. Nekrophilie, die Lust am
Fiassen, Neiden, Zerstören, Verder
ben und Töten haben die christlich
begründete Biophilie, die solidarische Kohlbruck, Kohlezeichnung von
Freude am Leben und die Liebe zu Anton Gstöhl
allem Lebendigen zerschlagen. Wie
arm sind wir geworden inmitten eines
märchenhaften materiellen Reich
tums!
Aus diesem Unbehagen wenden wir
uns an der Wegscheide zum dritten
Jahrtausend wieder hin zum Verlore
nen: zur Natur. Das Europäische