Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1996) (1996)

34 
Beziehungen zwischen Balzers/Mäls, 
Wartau/Gretschins und Sargans 
Als gute Beispiele Rir die engen Bezie 
hungen zwischen Gemeinden am 
Rhein und den sich abzeichnenden 
Konflikten können Balzers/Mäls und 
Wartau/Gretschins herhalten. Es sind 
uns mehrere Urkunden aus bzw. über 
diese Dörfer sowohl aus dem 15. als 
auch 16. Jahrhundert überliefert, die 
unten besprochen werden. Daraus 
lassen sich Angaben herauslesen, die 
doch in starkem Gegensatz zu den 
heutigen Grenzen in diesem Gebiet 
stehen. Leider fehlen Karten für die 
untersuchte Zeit selbst; auf späteren 
Plänen (ab dem 17. Jahrhundert) las 
sen sich die Informationen aber eben 
falls bestätigen. 
- 1487 klagten Wartau und Gret- 
schins gegen Balzers und Mäls we 
gen ihrer Weiderechte enthalt dem 
Rin gelegen. Noch 1494 dauerte der 
Streit an, das noch ergeres zu er 
wachsen zu besorgen was. Es wurde 
entschieden, jede Partei dürfe die 
Auen hinter den gesetzten Marken 
ungestört benutzen, aber nicht dar 
über hinausgehen. 
- 1509 bestimmte das Schiedsgericht 
im Streit zwischen Balzers/Mäls 
und Sargans/Mels, dass die Leute 
von Balzers und «Kleinenmeils» 
den Freienberg als Weide und für 
den Holzhau benutzen durften. 
Vom Rhein wurde ein Zaun bis an 
den Berg erstellt. 
- 1528 war wiederum ein Grenzstreit 
zwischen der gemeynenn Kilchhöry 
zu Gritschins und der Kilchhörin zu 
Balthzers unnd Kleinem Mäls zu ent 
scheiden. Die Wartauer bean 
spruchten eine Au zwischen der Al 
ten Stampf bei Balzers und der 
Grenze zwischen Triesen und Bal 
zers, also auf rechtsrheinischer Sei 
te bzw. zwischen verschiedenen Ar 
men des Rheins. Die Grenze wurde 
neu festgelegt und Marksteine ge 
setzt. 
- 1544 warfen die Gretschinser den 
Leuten von Balzers und Mäls vor, 
unbefugterweise ein neues Wuhr im 
Rhein erstellt zu haben. Das Wuhr 
durfte zwar stehenbleiben, aber 
nicht mehr weiter ausgebaut wer 
den. Zudem setzte man Marksteine 
für die neu bestimmte Grenze. 
- 1575 werden zwischen Balzers/ 
Mäls und Wartau/Gretschins je sie 
ben sog. Hintermarken des Rheins 
neu festgesetzt. Dies sind Grenz 
punkte hinter dem eigentlichen 
Flusslauf, die deshalb weniger 
leicht weggeschwemmt werden 
konnten. Die Balzner Marken lagen 
in der Au, in Bedieren, in St. Anna 
Bild, hinter dem Bonow-Wuhr, bei 
der Müly und in Runkheletsch. 
- 1589 wurden die Hintermarken von 
1575 bestätigt und z.T. neu gesetzt. 
Zusammenfassung und Ausblick in 
die Neuzeit 
Wie wir gesehen haben, ist die Grenz 
funktion des Rheins einerseits in be 
zug auf den herrschaftlich-politi 
schen Bereich und andererseits be 
züglich der Nutzung zu differenzie 
ren: 
- Der Rhein als politische Grenze: 
Die in der Teilung von 1342 festge 
schriebene Trennlinie ennend Ryns 
und disent Ryns sowie die zusätzlich 
angeführten Gründe für eine Verfe 
stigung der «Rheingrenze» zeigen, 
dass das Gewässer seit dem 14. Jahr 
hundert tatsächlich eine herrschaft 
liche Schranke bildete. Allerdings 
kann es sich auch dabei nicht um 
eine lineare Grenze handeln. Das 
Tal im Gebiet zwischen Balzers- 
Sargans und Bendern-Haag bildete 
im Spätmittelalter gewissermassen 
noch einen Grenzsaum. Der Fluss 
war eine Art Richtlinie oder Richt 
wert, eine Richtungsangabe. Die 
ungenauen Vermessungsmethoden 
der Zeit erlaubten keine örtlich kla 
re Festsetzung einer Grenze. Die 
Standorte der Grenzsteine wurden 
in den Spruchbriefen beschrieben - 
interessanterweise nicht immer in 
bezug zum Rhein (Entfernung, 
Richtung), sondern auch zu ande 
ren Fixpunkten, etwa zu Nuss- oder 
Birnbäumen, Felsen usw. 
- Der Rhein als Nutzungsgrenze: 
Der Lauf des Rheins wurde im 15. 
und 16. Jahrhundert als Nutzungs 
grenze noch praktisch nicht be 
nützt. Es bestanden zahlreiche Un 
sicherheiten in bezug auf Nutzungs 
rechte; diese gaben Anlass zu zahl 
reichen Streitigkeiten zwischen den 
links- und rechtsrheinischen Kirch 
spielen, den späteren Gemeinden. 
Ab dem 14., aber vor allem im 15. 
Jahrhundert treten trennende Ele 
mente auf. Sie beginnen im politi 
schen Bereich ab Mitte des 16. Jahr 
hunderts zu überwiegen. Hervorzuhe 
ben ist vor allem die unterschiedliche 
Orientierung der Landschaften, links- 
ufrig hin zu den Eidgenossen, rechts 
ufrig in Richtung Habsburg. Das Ende 
des Schwabenkrieges mit der De-fac- 
to-Ablösung der Eidgenossen vom 
Reich machte den Rhein zur Reichs 
grenze. Es kam zudem die sich auf den 
beiden Rheinseiten unterschiedlich 
entwickelnde Reformation dazu. 
Im Laufe des 15. und vor allem des 16. 
Jahrhunderts ist somit, auch durch 
Wuhrstreitigkeiten, eine gewisse Ent 
fremdung links- und rechtsrheini 
scher Gemeinden und Kirchspiele 
festzustellen. Verbindungen waren 
dabei nicht ausgeschlossen, nahmen 
aber immer stärker ab. 
Quellennachweis 
Der vorliegende Aufsatz ist im Rahmen der 
Arbeitsgruppe «Liechtenstein im Mittelal 
ter» (Historisches Seminar der Universität 
Zürich und Historisches Lexikon für das 
Fürstentum Liechtenstein) entstanden. Er 
stellt die Zusammenfassung der entspre 
chenden Seminararbeit mit dem Titel «Der 
Rhein als Verbindung und Trennung» dar. 
Die vollständige Fassung mit ausführlicher 
Bibliographie und Quellennachweisen ist 
für den Druck vorgesehen (HLFL, 1996).
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.