Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1996) (1996)

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Weitere interessante Flurbezeichnun 
gen des unteren Teiles von Gapfahl 
sind Rucha Kopf, Ruch Trüia, Bascha- 
tobel, Hundssack, Broch, Strittplatz, 
Schwarz Wand und Fula Felsa. Die 
Gebiete, die zu diesen Namen gehö 
ren, befinden sich nördlich der Hütten 
im Undersäss und verweisen nicht 
mehr direkt auf alpwirtschaftliche Tä 
tigkeiten. Sie beziehen sich auf topo 
graphische und optische Eindrücke, 
auf Anekdotisches und auf Histori 
sches. 
Rucha Kopf und Ruch Trüia 
Rucha Kopf heisst eine «rauhe, verwit 
terte Felswand», an deren Fuss der 
Fahrweg ins Obersäss verläuft. Das 
Gebiet am Fusse der Felswand heisst 
entsprechend Underem Rucha Kopf 
und hat als zweite Bezeichnung den 
Namen Ruch Trüia. In der Mundart ist 
Trüia das Wort für «Viehweglein in 
Weidhängen», so dass Ruch Trüia im 
Sinne von «Weidhang, wo es rauhe, 
schlechte Viehweglein hat» zu verste 
hen ist. Trüia selbst ist ein Lehnwort 
aus vorrömisch trogio, romanisch 
trutg, das in den Alpen grosse Verbrei 
tung hat. 
Baschatobel, Hundssack und Bröch 
In nördlicher Richtung zum Triesen- 
berger Alpelti hin folgen Baschatobel, 
Bröch und Hundssack. Baschatobel 
bedeutet «Schlucht des Sebastian». 
Die Triesner nennen es Schwarz Tobel 
und verweisen damit auf das schwarze 
Schiefergestein. Weshalb die Balzner 
das Tobel nach einem Mann benannt 
haben, ist nicht mehr feststellbar. Ist 
hier vielleicht ein Sebastian bzw. ein 
Bascha abgestürzt? 
Schwierig zu erklären ist auch Hunds 
sack, der Name des Gebietes zwischen 
dem Baschatobel und dem Fula Felsa, 
denn die Kombination der beiden 
Wörter Hund und Sack ergibt keine 
plausible Flurnamenbedeutung. Be 
reits 1911 hat aber der Balzner Na 
menforscher Eugen Nipp eine mögli 
che Erklärung geliefert. Seiner Mei 
nung nach stellt Hundssack nur eine 
verballhornte Variante von Honigsack 
dar. Da es in der älteren Mundart näm 
lich nicht Honig, sondern Hung hiess, 
konnte sich das ursprüngliche *Hung- 
sack leicht zu Hundssack verschieben 
und falsche Assoziationen wecken. 
Nach Nipp wäre der Name somit im 
übertragenen Sinne zu deuten als «üp 
pige Blumenwiese, die reichen Ertrag 
an Honig liefert», denn der Honigsack 
ist der «Honigbehälter der Biene», 
welchen sie in diesem Gebiet reichlich 
füllen kann. Ob diese Deutung aller 
dings wirklich zutreffend ist, muss 
ungeklärt bleiben, denn das Wort 
Sack bedeutet in Flurnamen oft auch 
«Eintiefung» oder «abfallende Wie 
se», was eine andere, nicht zu bestim 
mende Deutung ergeben würde. 
Im Bereich des Baschatobels befindet 
sich auch das Gebiet I da Bröch. Der 
Name gehört zum Verb brechen und 
kann hier zwei Bedeutungen haben. 
Zum einen wird damit ein «Erd 
rutsch» oder überhaupt eine «ab 
schüssige Stelle, an der die Gefahr 
eines Erdrutsches besteht», bezeich 
net, daneben aber auch ein «Ort, wo 
Steine gebrochen werden», also ein 
«Steinbruch». Aufgrund der Steilheit 
des Geländes dürfte der Name wohl 
die erstgenannte Bedeutung «Erd- 
mtschhang» haben. 
Strittplatz und Fula Felsa 
Bleiben im unteren Alpgebiet von 
Gapfahl noch Strittplatz und Schwarz 
Wand, auch Fula Felsa genannt, zu 
erklären. Der Strittplatz muss einst 
Gegenstand eines Streites gewesen 
sein. Vielleicht war dieser «Platz, um 
den gestritten wurde» sogar der kon 
krete Anlass für den Schiedsspruch 
von 1440, bei dem Wolfhart von Bran 
dts die Grenzen zwischen Gapfahl 
und Valüna festlegte und wo Gapfahl 
erstmals als Balzner Alp ausgewiesen 
ist. Die Triesner scheinen übrigens 
mit dem Ausgang dieses Streites nicht 
zufrieden gewesen zu sein, denn sie 
nennen das betreffende Gebiet heute 
Schelmaplatz, eine Bezeichnung, die 
ausdrückt, dass sie sich wohl beraubt 
fühlten. Mit den Namen Schwarz 
Wand, gleich «Felswand aus schwar 
zem Gestein», und Fula Felsa, also 
«faule, verwitterte, brüchige Fels 
wand», wird schliesslich sehr zutref 
fend auf optische Eindrücke verwie 
sen. Die Felswand besteht nämlich 
aus schwarzem, brüchigem Schiefer. 
Die Namen im Obersäss 
Von Säss bis Riede 
Damit verlassen wir den unteren Teil 
von Gapfahl und setzen unsere Wan 
derung im Obersäss, dem «oberen 
Alpsitz», fort. Hier finden sich bei der 
Alphütte die Gebiete Säss, Bödele, 
Weier, Lärcha und Riede, welche alle 
samt keine grosse namenkundliche 
Herausforderung darstellen. Es hat 
beim Säss, dessen Name die Kurzform 
für Obersäss ist, einen «kleinen, fla 
chen Boden», das Bödele, vier Tümpel, 
die Weier, einen etwas «feuchten, 
riedigen Weidhang», das Riede, sowie 
einen «Wald mit Lärchenbestand», ge 
nannt Lärcha. 
Interessanter wird es, wenn wir uns 
nordwärts wenden. Die Weiden und 
Hänge dieses oberen, nördlichen Teils 
von Gapfahl heissen Zog, Gärtle, 
Kolmelöcher, Saustech, Bleika sowie 
Augstaberg und Garsenzele. 
Zog, Gärtle und Kolmelöcher 
Als Zog wird eine «Hangrinne», d.h. 
eine muldenartige Rinne in einem stei 
len Hang bezeichnet. Welche Motiva 
tion hinter dem Namen Gärtle steckt, 
ist unklar. Wieso wird eine Weide als 
«kleiner Garten» bezeichnet? Könnte 
etwa ein Platz mit vielen Alpenblu 
men, der an einen Blumengarten erin 
nert, zur Namengebung angeregt ha 
ben? Wir wissen es nicht, denn der 
Name ist alt, aber unbedeutend, so 
dass nichts Schriftliches zu seiner Ent 
stehung überliefert ist. Ein hügeliger 
Bereich in diesem nördlichen Alpteil 
heisst schliesslich Kolmelöcher. Der 
Name bezieht sich auf das Kolme, den 
Grenzberg zum Alpelti und bedeutet 
somit «Löcher beim Kolme». Auf das 
Kolme werden wir bei der Bespre 
chung der Bergnamen noch zurück 
kommen. 
Saustech und Bleika 
Dann der Saustech. Wiederum, wie 
schon beim Sauloch, stellt sich die 
Frage, ob sich die Bezeichnung auf das 
Haustier bezieht, oder ob Sau nur die 
Bedeutung von Stech verstärken soll. 
Hier kann mit ziemlicher Sicherheit 
das letztere angenommen werden, 
denn in dieses Gebiet wurden keine 
Schweine getrieben. Stech bedeutet 
als Namenwort «steiler (absturzge 
fährlicher) Weidhang» und Saustech 
demnach «sehr steiler Weidhang». In 
Triesenberg kennt man hierzu noch 
heute das Verb sticha, das soviel be 
deutet wie «das Vieh unter Aufsicht in 
einem sehr steilen Hang weiden». 
Ebenfalls auf steiles Gelände weist der 
Name Bleika hin. Er geht zurück auf 
das Verb bleichen, das hier als «bleich 
sein» zu verstehen ist, und bedeutet 
etwa soviel wie «Ort, wo wegen
	        

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