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Es wurde ein Geviert von etwa 2 x 3 m
mit Pickel und Schaufel ausgehoben,
und es dauerte mehrere Tage, bis der
Aushub der Acker- und Weinberg
schicht vollendet war. Dabei hatte
Bruder Peter die grösste Arbeit gelei
stet. Von da an mussten Pickel und
Schaufel beiseite gelegt werden, es
musste vorsichtig vorgegangen wer
den, denn in dieser Tiefe waren schon
im vorhergegangenen Sommer viele
Bronzegegenstände und Keramik
scherben zum Vorschein gekommen.
Es wurden jetzt nur mehr Kelle und
Schabwerkzeuge eingesetzt. Bald ka
men Bronzeblechanhänger und ver
schiedene Keramikstücke zutage, und
es war wiederum mein Bruder Peter,
der in 1,70 m Tiefe mit einem lauten
«Kond gi luaga» auf die erste der spä
ter zur Berühmtheit gelangten Bron
zefiguren stiess. Es war der kleine
Hirsch, den Peter gefunden hatte. Von
da an herrschte unter uns Ausgräbern
eine gespannte Aufmerksamkeit und
ein Gefühl erwartungsvoller Eupho
rie. Es durfte nun nicht übereilt vorge
gangen werden, Zentimeter um Zenti
meter wurde abgegraben, und jedes
Fundstück, sei es ein Scherben oder
ein Bronzegegenstand, wurde sorgfäl
tig freigelegt und dann von meinem
Bruder Hans eingemessen. So förder
ten wir innerhalb etwa einer Woche 7
menschliche und 2 Tierfiguren zuta
ge. Alle waren aus massivem Bronze
guss, und ihre Fussplatten bzw. Stifte
zeigten, dass sie einst fest montiert
irgendwo aufgestellt waren. Es mach
te auf uns einen ungeheuren Ein
druck, wie jene Kultfiguren, eine nach
der anderen, zum Vorschein kamen.
Vater Egon Rheinberger verständigte
unverzüglich seine Vorstandskolle
gen vom Historischen Verein, und als
bald fand auch eine Vorstandssitzung
auf Gutenberg statt. Im April 1933
wurde dann die an Weihnachten 1932
begonnene Grabung durch Adolf Hild
weitergeführt und zu einem vorläufi
gen Abschluss gebracht. Die Hoff
nung, noch auf weitere figürliche
Bronzen zu stossen, erfüllte sich aber
leider nicht.
Noch einmal gab es eine kleine ar
chäologische Sensation auf Guten
berg, als mein Bruder Peter im ober
sten Teil der Wanne bei einer Ver
suchsgrabung ein jungsteinzeitliches
Gefäss der «Rössener Kultur» fand.
Es war bis dahin, und ist es heute
noch, der südlichste Punkt in Europa,
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an dem Keramik aus diesem Kultur
kreis gefunden wurde. Wenige Jahre
später lieferten auch die Ausgrabun
gen auf dem Schellenberg Zeugen die
ser Kultur des mittleren Neolithi
kums (etwa 5000 v. Chr.), die nach
dem Ort Rössen bei Merseburg in Mit
teldeutschland benannt ist.
Die Gutenberger prähistorischen Fun
de haben damals und bis heute in der
internationalen Fachwelt grösste Be
achtung gefunden. Sachverständige,
wie die Professoren O. Menghin aus
Wien, G. von Merhart aus Marburg/
Lahn, E. Vogt aus Zürich, R. Laur-
Seite aus dem Inventarhuch mit den
Funden aus der «Wanne», angelegt
von Adolf Hild, 1933.
Beiart aus Basel, H. Bessler und E.
Bächler aus St. Gallen, G. Bersu aus
Berlin und viele andere kamen aus
allen Himmelsrichtungen nach Bal-
zers, um von der Stelle der Ausgra
bungen auf Gutenberg einen Augen
schein zu nehmen und die Funde
selbst zu begutachten.
Heute steht jedenfalls fest, dass auf
dem Gebiet des Gutenbergs in der
zweiten Hälfte des letzten Jahrtau-