45 
Ein wahrer 
Dorfschulmeister 
Zum Gedenken an Oberlehrer 
Josef Kind 
Hans Brunhart 
Während über vierzig Jahren, nämlich 
zwischen 1931 und 1973, hat Oberleh 
rer Josef Kind die Balzner Primar 
schule wesentlich mitgeprägt. Ganze 
Generationen von Balzner Schülern, 
in einzelnen Jahren über 40, haben in 
den früher bestehenden Oberklassen 
(6. bis 8. Klasse) seine engagierte 
Lehrerpersönlichkeit kennengelernt 
und, das kann ich aus eigener Erfah 
rung sagen, in vielerlei Hinsicht fürs 
Leben profitiert. 
Wenn Josef Kind im Titel dieses Bei 
trags als «wahrer Dorfschulmeister» 
bezeichnet wird, so weist dies einer 
seits darauf hin, dass er ein vielseitig 
aktiver Lehrer war, nicht nur Schule 
hielt, seinen Unterricht lebendig ge 
staltete, Artikel für Lesebücher schrieb, 
sondern dass er seine Aufgabe als Leh 
rer in Balzers in einer umfassenden 
Weise verstand. Für ihn hatte der Leh 
rer Pflichten über die Schulstube hin 
aus. Insbesondere engagierte sich Jo 
sef Kind kulturell ausserordentlich 
stark. 
Josef Kind war am 19. April 1908 in 
Ruggell geboren und unterrichtete 
vorerst nach seinem Studium am Leh 
rerseminar in Feldkirch im Jahre 1930 
für ein Jahr an der Schule in Stein/ 
Sonntag im Grossen Walsertal in Vor 
arlberg. Bereits im Jahre 1931 erfolgte 
eine provisorische Anstellung an der 
Primarschule Balzers, zuerst an der 
Unterstufe und dann für die meiste 
Zeit bis zu seiner Pensionierung im 
Jahre 1973 an den Oberklassen für die 
Knaben. In den Vierzigerjahren leitete 
er den Kirchenchor Azmoos und wirk 
te in Balzers und Ruggell aushilfswei 
se als Organist. Eng verbunden war er 
mit der Harmoniemusik Balzers, die 
ihn mit der Ehrenmitgliedschaft für 
seine vieljährige Tätigkeit als stellver 
tretender Dirigent ehrte. 
Josef Kind war heimatverbunden im 
besten Sinne. So setzte er sich ein mit 
seinem Wissen und seinem schriftstel 
lerischen Talent bei Jubiläen und Fe 
sten, entweder als Festredner oder als 
Verfasser von Festspielen. In Erinne 
rung sind vor allem «100 Jahre 
Sängerleben in Balzers» beim Liech 
tensteinischen Bundessängerfest 1944 
und «Der starke Jörg» beim Kinderfest 
1956 in Vaduz. In einem Lesebuch 
schrieb er in so begeisterter Weise 
über Balzers, dass es ein gebürtiger 
Balzner nicht besser gekonnt hätte. 
Mit Recht ehrte ihn die Gemeinde 
Balzers mit der Verleihung der Ehren 
bürgerschaft. 
Vielen unbekannt ist, dass Josef Kind 
eine ganze Reihe von, wie er selber 
schreibt, «poetischen Versuchen» ver 
fasst hat. Sie sind im Jahre 1985 in 
einer kleinen Broschüre erschienen 
und beschreiben einen weiten Bogen 
zwischen Heiterem und Besinnlichem, 
zwischen Klassik und Mundart, zwi 
schen Festspiel und Geburtstags 
gedicht. Eine kleine Auswahl soll in 
der ersten Ausgabe der «Balzner Neu 
jahrsblätter» publiziert werden. 
In diesen Gedichten ersteht die Per 
sönlichkeit dieses exemplarischen 
Lehrers nochmals vor uns: Seine ho 
hen Ansprüche an Disziplin ebenso 
wie sein Schalk und sein Humor, mit 
dem sich auch die Schule oft besser 
bewältigen liess, seine religiösen und 
humanistischen Grundlagen und sein 
lächelndes Verständnis für menschli 
che Schwächen, sein erhobener Zeige 
finger und sein Wissen um die Unvoll 
kommenheit menschlichen Strebens. 
Josef Kind war ein Dorfschulmeister 
im umfassenden Sinne. Er war nicht 
nur ein Meister in der Schule, sondern 
er war immer im Einsatz für das Dorf. 
Seine Verbundenheit zeigte sich etwa 
auch durch seine grosse Leidenschaft 
der Pflege seines Weinbergs am Gu 
tenberg. Die Tatsache, dass er als ei 
gentlich nur «torfgewohnter» Rug- 
geller während über dreissig Jahren 
als Präsident der Winzergenossen 
schaft Vorstand, mag ein sprechendes 
Beispiel für seine vielfältige Persön 
lichkeit sein. 
Deutlich werden soll durch diese kur 
ze Schilderung der Lehrerpersönlich 
keit auch der grosse Wert von kulturell 
engagierten Personen in der Gemein 
de. Sie können Vereine beleben, sie 
können einzelne motivieren, sie kön 
nen Gemeinschaft fördern. 
Am 11. August 1993 verstarb Josef Kind.