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Die Zamser
Klosterfrauen
in Balzers
Hans Brunhart
Bis vor wenigen Jahren war es ein
prägendes Merkmal des liechtenstei
nischen Schulwesens, dass Lehr
schwestern verschiedener Orden dar
in tätig waren. An der Primarschule
und an den Kindergärten in Balzers
waren es dabei Barmherzige Schwe
stern aus dem Mutterhaus in Zams /
Tirol, die seit 1869 bis 1993 einen
wesentlichen Teil der erzieherischen
Arbeit geleistet haben. Graham Mar
tin hat in seinem 1984 erschienenen
und für das liechtensteinische Bil
dungswesen grundlegenden Werk
«Das Bildungswesen des Fürstentums
Liechtenstein» der Gemeinde Balzers
ein «besonders inniges Verhältnis zu
ihrer Niederlassung von Zamser
Schwestern» attestiert. In Balzers wa
ren die beiden letzten Primarleh-
rerinnen wie auch die letzte Kinder
gärtnerin aus diesem Orden in Liech
tenstein tätig, und Balzers war die
einzige Gemeinde, die für die Nieder
lassung der Barmherzigen Schwe
stern im Jahre 1964 ein eigenes Haus
errichtete.
Begonnen hatte der Einsatz der
Lehrschwestern in Liechtenstein je
doch in Vaduz im Jahre 1846. Anlass
war die Stiftung eines Geldbetrages
durch Frau Theresia Rheinberger mit
dem Ziel, den Unterricht für Mädchen
zu verbessern. Dafür suchte man
Lehrschwestern und fand sie in Zams.
Das Schulgesetz von 1859 nahm in
einem eigenen Artikel Bezug auf die
sogenannten «Schwester-Schulen»,
was darauf hinweist, dass die von den
Schwestern geleiteten Mädchenklas
sen noch nicht völlig im Schulsystem
integriert waren. In den späteren Jah
ren nahmen die Barmherzigen
Schwestern aus Zams auch in ande
ren Gemeinden, in Schaan, in Trie-
senberg, in Eschen, Triesen, Planken,
in Mauren, Ruggell und, wie erwähnt,
im Jahre 1869 in Balzers ihren Dienst
auf.
In grösseren Gemeinden mit minde
stens dreigliedrigem Lehrkörper über
nahm eine Lehrschwester gewöhn
lich die Unterklasse, eine andere die
Mädchenoberklasse und eine männli
che Lehrkraft die Knabenoberklasse.
Auch die Fortbildungsschule für
Mädchen wurde, wenn möglich, von
einer Schwester unterrichtet.
In den späteren Jahren kamen die
ersten Kindergärtnerinnen aus Zams
nach Liechtentein, so Schwester Za-
charia nach Balzers, wo sie im Jahre
1887 den neugegründeten Kindergar
ten übernahm. In unserem Jahrhun
dert kamen auch einige Arbeits
lehrerinnen aus dem Kloster in Tirol.
In der ersten Hälfte dieses Jahrhun
derts stand eine erhebliche Anzahl
von Schwestern im Schuldienst, dies
nicht nur aus dem Orden der Barm
herzigen Schwestern, sondern auch
von den in Schaan und Schellenberg
niedergelassenen Klöstern. Wie ande
re Orden mussten die Barmherzigen
Sr. Maria Ehrenfrieda und Sr. Marzia
im Gespräch, 28. Mai 1994, Kloster
Zams