Die christlichen Werte, welche von der katholischen Kirche und den Schulen vermit-
telt wurden, entsprachen in keiner Weise denen des Nationalsozialismus. Somit
widersprachen alleine schon das demokratische Denken und die persönliche Auto-
nomie der Liechtensteiner dem diktatorischen Führerregime des Deutschen Reichs.”
In Liechtenstein hatten die Kirche und die Geistlichen zu dieser Zeit einen hohen Stel-
lenwert. Was sie predigten oder in den Schulen lehrten, fand Gehör. Deshalb ver-
suchten die einheimischen Nationalsozialisten, der Heimatdienst und die
Volksdeutsche Bewegung, die Geistlichen aus den politischen Ämtern zu drängen.
Einer der größten Gegner der Nationalsozialisten war Pfarrer Anton Frommelt. Er
hatte als Schulkommissar die Oberaufsicht über das Schulwesen des ganzen Landes,
gleichzeitig leitete er den Landtag und war Mitglied in der Regierung. Am 18. März
1934 verkündete Pfarrer Frommelt während des öffentlichen Dienstes, dass er den
„Liechtensteiner Heimatdienst“ strikt ablehne, da dieser zu sehr dem italienischen
Faschismus nacheifere. In Folge dessen, forderten manche Nationalsozialisten den
Rücktritt von Pfarrer Frommelt aus der Regierung.??
4.2 Liechtensteiner Pfadfinderbund
Gewiss standen innerhalb des Landes nicht einfach die ,,Guten" den ,Bósen" gegen-
über. Gerade bei den Jüngeren hing es stark vom Elternhaus ab, welche Ansichten sie
vertraten und ob sie nun in den Bann der , Volksdeutschen Jugend" gerieten, oder in
den des ,Liechtensteinische Pfadfinderbundes" gezogen wurden. Im Jahr 1933 nann-
ten sie sich ,Liechtensteinisches Pfadfinder-Korps^,? dessen Hauptziel darin
bestand, die Verteidigung der Freiheit und Selbständigkeit Liechtensteins, getreu
dem in ihren Statuen aus dem Jahr 1935 stehenden Motto „Gott, dem Fürsten und
dem Vaterlande treu zu sein“,* zu verteidigen. Während des Zeitraums 1938 bis
1945 stellten die Pfadfinder eine Jugendgarde gegen die Nationalsozialisten in Liech-
tenstein auf. Anfang Mai 1938 bestand die Pfadfindergemeinschaft aus 230 Mann.
Bereits ein Jahr später hatte sich die Zahl der Mitglieder um mehr als die Hälfte, auf
37 Geiger, Peter: Kriegszeit — Liechtenstein 1939-1945, Bd. 2. - Zürich : Chronos, 2010. - S. 24
^0 Satzungen des Liechtensteinischen Pfadfinder, 13.0ktober 1935.
20