Volltext: Rechtliche Ausgestaltung des Genossenschaftswesens in Liechtenstein

Genossenschaftswesen Liechtenstein 
und der Zuwanderung von Ausländern bekam die alte Diskussion neuen Elan. Dazu kamen die oben 
erwähnte zunehmende Binnenwanderung und die Tatsache, dass angesichts der veränderten wirtschaft- 
lichen Verhältnisse die Nutzungsberechtigung am Gemeingut für das wirtschaftliche Überleben der Fa- 
milien in den meisten Fällen kaum noch eine Rolle spielte. Dies führte dazu, dass es dieses Mal gelang, 
auch in Liechtenstein einen Gemeindedualismus einzuführen. Im angrenzenden Schweizer Rheintal war 
ein solcher bereits seit der St. Galler Kantonsgründung im frühen 19. Jahrhundert Realität. Beeinflusst 
vom österreichischen Konzept der Einheitsgemeinde hatte sich Liechtenstein mit einer klaren Trennung 
schwerer getan.!7? 
Die Diskussionen über den Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), der für Liechten- 
stein nach zwei Volksabstimmungen in den Jahren 1992 und 1995 und den damit verbundenen intensi- 
ven Abstimmungsdebatten am 1. Mai 1995 in Kraft getreten ist, dürften diesem Trennungsprozess den 
nötigen Zusatzschub verliehen haben. Angesicht der erwarteten weiteren Zuwanderung und möglicher 
Teilnahme der Zugewanderten an den althergebrachten Nutzungsrechten wuchs der Wunsch, die Be- 
sitzverhältnisse der politischen Gemeinden und der ursprünglich Nutzungsberechtigten zu klären — und 
so weit möglich zu bewahren." 
6.1.2 Überblick über die rechtlichen Grundlagen 
Bürgergenossenschaften sind gemäss Legaldefinition in Art 1 BGG Körperschaften des öffentlichen 
Rechts, die aus ihren Mitgliedern bestehen und sich im Rahmen des gesetzlich definierten Regelungs- 
verfahrens gebildet haben. Gemäss Art 2 BüGG ist es ihr Ziel, in Fortführung der alten Rechte und 
Übungen das Genossenschaftsgut zu verwalten und zu wahren und ihren Mitgliedern Anteil an dessen 
Nutzung zu gewähren. 
Die Mitglieder einer Bürgergenossenschaft sind gemäss Art 3 Abs 1 BüGG bei deren Gründung die bis 
anhin Nutzungsberechtigten. Art. 3 Abs 2 BüGG legt die Voraussetzungen für die Aufnahme weiterer 
Mitglieder fest. Dies erfolgt - zusammenfassend — über Antrag, sofern eine Abstammung von oder Hei- 
rat mit einem Mitglied sowie die Liechtensteiner Staatsbürgerschaft vorliegt. Abs 3 der gleichen Be- 
stimmung enthált weiter eine Offnungsklausel, die es den einzelnen Bürgergenossenschaften freistellt, 
  
170 BuA Nr 68/1990, 8. 
171 So auch der Vorsitzende der Bürgergenossenschaft Triesen, Emanuel Banzer, anlässlich eines persönlichen Gesprächs am 
4. November 2015. In der Abstimmungsbroschüre vom Dezember 2002 über die Errichtung der Bürgergenossenschaft Trie- 
sen wurde als Pro-Argument festgehalten: „In Zeiten rasanter gesellschaftlicher Veränderung, Öffnung nach verschiedenen 
Richtungen und europäischer Integration durch Teilnahme am EWR bietet die Bürgergenossenschaft ein wohltuendes Ge- 
gengewicht. Sie kann dazu beitragen, Wurzeln zu festigen oder neu zu bilden. Grosse, globale Gebilde hingegen tragen mit 
ihrer Anonymität zum Verlust von Verantwortungsbewusstsein bei.“ (Gemeinde Triesen (Hrsg), Abstimmung Bürgergenos- 
senschaft Triesen, Eine Dokumentation (2002) 32, einsehbar unter www.bgt.li/mitgliedschaft/ (abgefragt am 10. April 2016)). 
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