Volltext: Rechtliche Ausgestaltung des Genossenschaftswesens in Liechtenstein

Genossenschaftswesen Liechtenstein 
Grundsätze der Rochdaler Pioniere und die Ideen, von denen sie sich leiten liessen, sind grundlegend 
geworden für die gesamte Genossenschaftsbewegung und werden bis heute immer wieder beigezogen.!* 
Konsequenz dieser gemeinsamen Entstehungsgeschichte in unterschiedlichen Ländern „als Reaktion 
auf vergleichbare wirtschaftliche und soziale Gegebenheiten ^5 ist aus rechtlicher Sicht eine grosse Ein- 
heitlichkeit der Regelungen in den einzelnen Jurisdiktionen hinsichtlich der Grundlagen. Bei Einzelfra- 
gen wurden jedoch durchaus verschiedene Antworten gefunden. Entsprechend „ist die Rechtsverglei- 
chung in diesem Bereich einerseits wenig interessant, wenn man die Grundlagen ins Auge fasst, ande- 
rerseits von nicht zu unterschätzendem praktischen Nutzen, wenn man Einzelfragen prüft. ^6 
2.2 Fokus Liechtenstein 
Bezogen auf Liechtenstein können in der Geschichte und gesellschaftlichen Bedeutung des Genossen- 
schaftswesens während der vergangenen Jahrhunderte vier Zeiträume unterschieden werden, nämlich 
die Zeit vor 1808 sowie das 19., 20. und 21. Jahrhundert. "7 
2.2.1 Vor 1808 
In den Jahrhunderten vor 1808 war das Gebiet des heutigen Liechtenstein geprägt von einer herrschaft- 
lich-genossenschaftlichen Agrarverfassung, nach welcher die Nutzung des zur Verfügung stehenden 
Landwirtschaftsbodens organisiert war. Diese zeichnete sich durch das Zusammenwirken dreier Instan- 
zen aus: der Grundherrschaft durch Adel oder Klöster, dem Siedlungsverband als genossenschaftlich 
strukturierte Gemeinschaft zur Nutzung der Allmende sowie der einzelnen Familien und Verwandt- 
schaften. Wenn auch die konkrete Abgrenzung der kollektiven und der individuellen Rechte unter- 
schiedlich ausgestaltet war, so lässt sich tendenziell feststellen, dass “Wälder und Weiden samt Alpen 
[... ] regelmässig als ungeteilte Gesamtfläche der örtl. ‘Allgemeinheit’ zugeordnet””® waren. Den einzel- 
nen Haushalten war nur ein geringer Grundbesitz ins alleinige Eigentum übertragen. „Er umfasste das 
eigene Haus und den unmittelbaren, eng begrenzten Gartenbereich.““!? 
  
^ Forstmoser, Berner Kommentar ST Rz 38. 
15 Reymond/Trigo Trindade, Genossenschaft 23. 
16 Reymond/Trigo Trindade, Genossenschaft 23. Sh dazu detailliert Forstmoser, Berner Kommentar ST Rz 644 ff. 
7 Für eine detaillierte Darstellung der historischen Entwicklung der heutigen politischen Gemeinden aus genossenschaftlichem 
Ursprung im Vergleich zu den Entwicklungen in Vorarlberg und St. Gallen, sh Kühne, Untersuchung über den rechtlichen 
Status des Bürgernutzens (Gemeindegutes) in den liechtensteinischen Gemeinden nach Gemeindegesetz und gemeindlichen 
Nutzungsstatuten zur Prüfung von Notwendigkeit und Lósungen einer Neuregelung in Revision des Gemeindegesetzes (1983) 
5 ff. 
55 Marquardt, Allmende, in Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein (Hrsg), Historisches Lexikon des Fürsten- 
tums Liechtenstein I (2013) 12. 
19 Biedermann, Genossenschaften in Liechtenstein, in: Vollkommer/Büchel (Hrsg), 1712. Das Werden eines Landes (2012) 227. 
10
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.