Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Donat Büchel 
Wahlkampfthemen 
Um die Schärfe der damals verwendeten Sprache und die Heftigkeit der 
Vorwürfe noch etwas mehr zu verdeutlichen, werden im Folgenden 
einige Wahlkampfargumente angeführt. Wie schon festgestellt, waren die 
beiden liechtensteinischen Parteien weltanschaulich sehr ähnlich ausge- 
richtet. Liest man aber die Zeitungen und Flugblätter der Zwischen- 
kriegszeit, ging es bei Wahlen stets um alles oder nichts. Komprimiert 
lässt sich das an den bis heute gebräuchlichen Farbbezeichnungen für die 
beiden grossen liechtensteinischen Volksparteien — Schwarz und Rot — 
feststellen, denn dabei handelt es sich ursprünglich um Beschimpfungen 
der Gegner. Die Volkspartei-Anhänger verunglimpften die Bürgerpar- 
tei-Sympathisanten als «rickstindig-reaktionire Schwarze». Den 
Anhängern der Volkspartei wurde vorgeworfen, sie seien sozialistische, 
unchristliche und republikanische «Rote».* Zudem behauptete das 
Volksblatt beziehungsweise die Bürgerpartei, nur ihre Kandidaten stün- 
den für den Schutz des katholischen Glaubens («Religion») und die 
Treue zur Monarchie ein. So berichtete das Volksblatt 1918: «In Balzers 
kommen viele junge Leute mit roten Bändchen im Knopfloch oder mit 
roten Krawatten zur Wahl. Diese Leute nennen sich «Christlichsoziale, 
vergessen aber ganz, daß sie die Abzeichen der Sozialdemokraten trugen 
und wohl auch in Gesinnung mit diesen gehen.» 
Die Oberrheinischen Nachrichten wehrten sich schon 1918 gegen 
die Vorwürfe, die ihr nahestehende Partei bestehe aus Sozialisten sowie 
Republikanern und sei dem Katholizismus gegenüber feindlich einge- 
stellt: «Der mit Hartnäckigkeit von gegnerischer Seite [...] aufgestellten 
Behauptung, wir verfechten einen verkappten, aus der benachbarten 
Schweiz eingeführten Sozialismus und manche neigen zu republikani- 
scher Gesinnung hin, treten wir hier mit einem feierlichen Proteste ent- 
gegen. Nie hätte ein solcher unwahrer Anwurf den Leuten in unserm 
von ausschließlich katholischer Bevölkerung bewohnten Lande gemacht 
werden [...] sollen».*8 
  
45 Geiger, Krisenzeit, Bd. 1, S. 65. 
46 Ebenda. Die Farbe Rot wird seit 1936 der Vaterländischen Union zugeordnet. 
47 Liechtensteiner Volksblatt, 15. März 1918. 
48 Oberrheinische Nachrichten, 23. März 1918. 
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