Das Geschichtsbild in
liechtensteinischen Lehrmitteln
Markus Furrer
In diesem Beitrag gehe ich der Frage nach, wie sich Kleinstaatlichkeit
im Falle Liechtensteins in Geschichtsbildern in Lehrmitteln ausdrückt.
Ist die Geschichte von Kleinstaaten speziell? Welche Akzente werden
im Narrativ gesetzt? Kleinstaatlichkeit ist ein vielfach verwendeter Be-
griff, sei es als Kategorie einer Theorie wie auch als vergleichendes
Merkmal kleiner Staaten.! Kleinstaatlichkeit ist immer auch relativ zu
sehen und bezieht sich auf das auffällig kleine Staatsterritorium, die
zahlenmässig kleine Bevölkerung und eine mehr oder weniger einge-
schränkte wirtschaftliche, kulturelle und machtpolitische Einflussnahme
auf das Umfeld.?
Liechtenstein ist ein kleiner Kleinstaat, ja, er zählt zu den kleinsten
Staaten weltweit. Er ist auch klein im Grössenverhältnis zu seinen Nach-
barn Österreich und Schweiz, die selber Kleinstaaten sind. Das kleine
Liechtenstein erscheint im Verhältnis zu seinen direkten Nachbarn
erneut wie ein Kleinstaat. Während Österreich (8,7 Millionen) oder die
Schweiz (8,3 Millionen), gemessen an der Zahl ihrer Einwohner, in Be-
zug auf Deutschland (82 Millionen) annähernd zehnmal kleiner sind, so
ist Liechtenstein 230 beziehungsweise 220 Mal kleiner als einer seiner
Nachbarn. Liechtenstein lässt sich zusammen mit Monaco, San Marino
oder Andorra als Kleinststaat einstufen.’
Des Weiteren stellt sich die Frage nach den Beziehungen der Bür-
gerinnen und Bürger zu ihrem Kleinstaat. Als Kleinstaat erscheint, so
1 Siehe dazu: Busek/ Hummer (Hrsg.), Der Kleinstaat als Akteur in den Internatio-
nalen Beziehungen; Kirt/Waschkuhn (Hrsg.), Kleinstaaten-Kontinent Europa;
Langewiesche (Hrsg.), Kleinstaaten in Europa.
2 Siehe Neidhart, Die politische Schweiz, S. 41.
3 Siehe Schindler, Veränderte Stellung der Kleinstaaten in der Staatengemeinschaft,
S. 48.
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