Einleitung
Der Politologe, langjährige Forschungsbeauftragte und Direktor des
Liechtenstein-Instituts Wilfried Marxer schliesst das Kapitel zur Innen-
politik mit dem Aufsatz «Brennpunkt Verfassung: Volksabstimmungen
über die liechtensteinische Verfassung seit 1919» ab. Die 1919 geschaffe-
nen direktdemokratischen Instrumente der Verfassungsinitiative und des
Verfassungsreferendums bieten viele Anknüpfungspunkte zu den For-
schungen von Rupert Quaderer und Peter Geiger, waren doch Volksab-
stimmungen in den 1920er- und 1930er-Jahren immer wieder heftig
umstritten. Der Beitrag spannt den Bogen weiter über die ebenfalls kon-
troversen Abstimmungskämpfe um die Einführung des Frauenstimm-
rechts in den 1960er- bis 1980er-Jahren bis hin zu den jüngsten Abstim-
mungen über die Neugestaltung des staatsrechtlichen Verhältnisses von
Fürst und Volk 2003 und 2012. Für Wilfried Marxer verfügen die direkt-
demokratischen Verfahren über ein «explosives Potenzial» innerhalb des
ansonsten eher beschaulichen liechtensteinischen Konkordanzsystems.
Aussenpolitische Aspekte
Liechtensteins Kleinheit bedingt den Blick nach aussen. Liechtenstein ist
nicht nur auf angemessene diplomatische und wirtschaftliche Aussenbe-
ziehungen angewiesen, sondern erweist sich als vergleichsweise offen für
äussere Einflüsse. Der Kleinstaat hat sich in der Vergangenheit immer
wieder am Aussen, an der Umgebung orientiert und tut dies bis heute.
Die fünf Beiträge dieses Kapitels geben Einblick in unterschiedliche
Wirkungsweisen liechtensteinischer Aussenbeziehungen.
Der Jurist Emannel Schädler ist Forschungsbeauftragter für Recht
am Liechtenstein-Institut. Sein Beitrag «Zur Herkunft des Landesver-
waltungspflegegesetzes: eine überprüfende Rekonstruktion» gehört in
den Zusammenhang der Rezeption ausländischen Rechts. Bis heute
wurde gemeinhin angenommen, dass Wilhelm Beck — eine der zentralen
Figuren in den Arbeiten Rupert Quaderers — das Landesverwaltungs-
pflegegesetz seinerzeit im Jahr 1922 weitestgehend aus einem früheren
österreichischen Gesetzesentwurf für eine Verwaltungsverfahrensord-
nung rezipiert habe. Aus Emanuel Schädlers Forschungen wird nun aber
deutlich, dass dem nicht so war und dass die Suche nach der Herkunft
des Landesverwaltungspflegegesetzes unter Verwendung neuer Ansätze
wieder aufgenommen werden muss.
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