Väclav Horcicka
späteren liechtensteinischen Zentraldirektors, bildete die Berufung auf
das Familienvertragsgesetz (1893). Svoboda behauptete, dieses Gesetz
sei nie aufgehoben worden und gelte deshalb weiterhin. Das Fideikom-
miss der Primogenitur war seiner Ansicht nach Eigentum sui generis,
keineswegs normales Privateigentum des Fürsten. Er argumentierte, es
handle sich um eine sogenannte Apertinenz des Fürstentums Liechten-
stein in der Tschechoslowakei: Dieses Eigentum, dessen grösster Teil
sich auf dem Staatsgebiet der Tschechoslowakei befand, bilde die mate-
rielle Grundlage des Fürstentums, zu dem es als Apertinenz gehöre,
auch wenn es nicht Teil von dessen Territorium sei. Aus diesen Gründen
dürfe das in der Zwischenzeit bereits abgeschaffte Fideikommiss der Pri-
mogenitur” nicht den Gesetzen unterliegen, die die Bodenreform regel-
ten, sondern es müsse damit gemäss Familienvertragsgesetz von 1893
verfahren werden.
Das Oberste Verwaltungsgericht entschied in dieser Sache im Juni
1929. Es lehnte die Beschwerde ab mit der Begründung, das Konfiskati-
onsgesetz kenne keine Ausnahme für Krongüter beziehungsweise für
Eigentum fremder Staaten. Die Souveränität der Republik sei auf ihrem
Territorium durch solche Fakten nicht eingeschränkt. Nach Ansicht des
Gerichts hätte dies auch gegolten, «wenn die Beschwerde darin Recht
[gehabt] hätte, dass Gesetz Nr. 15/1893 Reichsgesetzbl. [Familienver-
tragsgesetz] in der Tschechoslowakischen Republik Rechtsquelle wäre.»
Der Landbesitz des Fürsten unterlag demzufolge allen im Rahmen der
Bodenreform erlassenen Gesetzen und Vorschriften.“
Um den Fürsten und seine Familie zu Zugeständnissen zu zwin-
gen, reichte das Bodenamt im Jahre 1928 bei den zuständigen Gerichten
Anträge zur Zwangsvollstreckung eines Teils des Grossgrundbesitzes
32 Die Fideikommisse wurden in der Tschechoslowakei 1924 abgeschafft. Das Vermö-
gen ging im Prinzip in den Besitz des bisherigen Inhabers des Fideikommisses über,
der in seiner Verfügungsgewalt darüber nur im Hinblick auf die Weitergabe (Sub-
stitution des Fideikommisses) zugunsten des ersten Nachfolgers in der Erbfolge ge-
mäss der bis dahin gültigen Errichtungsurkunde des Fideikommisses beschränkt
war (siehe Gesetz vom 3. Juni 1924 über die Aufhebung des Fideikommisses, in:
Sammlung Gesetze und Verordnungen des Tschechoslowakischen Staates, Jahrgang
1924, Teil 89, Nr. 179, 14. August 1924, S. 1015-1019).
33 LILA, RE 1927/1894, Johann II. an Oberstes Verwaltungsgericht, ohne Datum und
Nummer.
34 LI LA, V 13/3, Urteil Oberstes Verwaltungsgericht, 22. Juni 1929, No. 11134/29.
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