Donat Büchel
Ausblick
«Hie Volkspartei — hie Bürgerpartei»®, resümierten die Liechtensteiner
Nachrichten 1928 die Situation der sich unversöhnlich gegenüberstehen-
den beiden liechtensteinischen Parteien. Daran änderte sich auch nichts,
als die Volkspartei Anfang 1936 mit dem Liechtensteiner Heimatdienst
zur Vaterländischen Union verschmolz. Der Parteienstreit, der vom
ständestaatlich-autoritär ausgerichteten Heimatdienst seit dessen Grün-
dung 1933 weiter angeheizt worden war, ging auch nach der Fusion wei-
ter.” Erst im März 1938 kam es in Folge der veränderten aussen- und
innenpolitischen Lage zum Parteienfrieden. Adolf Hitler hatte den
Anschluss Österreichs an Deutschland vollzogen, womit Liechtensteins
Existenz in höchste Bedrohung geriet. Zudem gründeten die liechten-
steinischen Nationalsozialisten eine eigene Partei, die Volksdeutsche
Bewegung in Liechtenstein. 1938 wurde die grosse Koalition zwischen
Bürgerpartei und Vaterländischer Union, die mit einem achtjährigen
Unterbruch (1997 bis 2005) bis in die Gegenwart besteht, geschaffen.”
Die Auseinandersetzungen der 1920er- und 1930er-Jahre warfen einen
langen Schatten. So wurde beispielsweise die sehr emotional geführte
Diskussion im Vorfeld der Abstimmung über die Verfassungsänderun-
gen im März 2003 wiederholt mit dem Parteienstreit der Zwischen-
kriegszeit verglichen.
89 Liechtensteiner Nachrichten, 14. Juli 1928.
90 Zum Liechtensteiner Heimatdienst siehe Geiger, Krisenzeit, Bd. 1, S. 365-413, und
zur Zusammenarbeit sowie zur Fusion beider Parteien siche ebenda, S. 414-430.
91 Zur Mirzkrise 1938 siche ebenda, Bd. 2, S. 105-223.
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