Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Politische Kultur in der Zwischenkriegszeit 
vor und bezichtigten einander, eine «Politik des Hasses und der Rache» 
zu verfolgen.” Man hielt sich zudem vor, an der «Krankheit der Sessel- 
sucht» beziehungsweise «Sesselkleberei» zu leiden.” Diese Vorwürfe 
erfolgten allerdings teilweise zeitversetzt. Das kommt nicht von unge- 
fähr, denn, wie Peter Geiger festgestellt hat, es wiederholte sich nach 
dem Machtwechsel 1928 «[s]piegelverkehrt [...] in vielem das politische 
Bild».”* Anschaulich belegt wird dies durch die Einführung des Pro- 
porzsystems, die sich jeweils die politische Minderheit auf die Fahnen 
schrieb. So forderte das Parteiblatt der damaligen Opposition (der Bür- 
gerpartei) im April 1926 «die Schaffung der Proporz-, d. i. der Verhält- 
niswahl. Gleiches Rechte [sic!] für Alle! Majorz — Parteiherrschaft; Pro- 
porz — Gleichberechtigung!»”” Nach ihrer Niederlage bei den Landtags- 
wahlen 1928 verlangte die Volkspartei, die während ihrer Regierungszeit 
nicht vom Majorz hatte Abstand nehmen wollen, die Einführung «der 
Verhältniswahl [...], wissend, daß wir nur unser gutes Recht verlan- 
gen.»”® Nun war die Bürgerpartei aber nicht mehr dazu bereit. Erst 1939 
wurde der Proporz schliesslich eingeführt. 1930 und 1935 waren zwei 
Volksabstimmungen gescheitert, die dieses Ziel verfolgt hatten.” 
Gründe für den Parteienstreit 
1921 schrieb der ehemalige Landtagspräsident und Gegner der Parteien- 
bildung, Dr. Albert Schädler, Parteien seien in «größeren Staaten [...] 
von Nutzen [...]. Anders liegt die Sache in einem so kleinen Ländchen 
[...], das eigentlich nur eine größere Gemeinde darstellt, in welcher sich 
die Meisten gegenseitig kennen [...]. Da wird, wenn das politische Par- 
teileben einzieht, leicht so Vieles nur persönlich gemessen, die sachlichen 
  
72 Liechtensteiner Volksblatt, 27. März 1926. Siehe analog Liechtensteiner Nachrich- 
ten, 13. Juli 1928. 
73 Zum Beispiel Liechtensteiner Volksblatt, 7. Juli 1928 und 10. März 1932, sowie 
Liechtensteiner Nachrichten, 12. und 13. Juli 1928. 
74 Geiger, Krisenzeit, Bd. 1, S. 101. 
75  Liechtensteiner Volksblatt, 3. April 1926. 
76 ~~ Liechtensteiner Nachrichten, 31. Juli 1928. 
77 Siehe Geiger, Krisenzeit, Bd. 2, S. 321-325, sowie den Beitrag von Wilfried Marxer 
in diesem Band. 
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