Das Werden eines Museums.
Von der Liechtensteinischen Staatlichen Kunst-
sammlung zum Kunstmuseum Liechtenstein
Friedemann Malsch
In den vergangenen Jahren haben die Kunstmuseen einen ausgesproche-
nen Boom erlebt. Neugründungen, Erweiterungen oder Neubauten sind
an der Tagesordnung, und dies nicht nur mit Grossprojekten wie zuletzt
der Eröffnung des Museums von Eli Broad in Los Angeles, den Bauten
für den Louvre in Dubai, dem geplanten Museum Moderner Kunst in
Katar oder den Erweiterungen für das San Francisco MoMA, die Tate
Modern in London, für das Kunsthaus Zürich und das Kunstmuseum
Basel. Auch in kleinerem Massstab wurde und wird ungebrochen erwei-
tert, auch im Rheintal: Das Kunstmuseum Liechtenstein hat seine
Erweiterung durch die Hilti Art Foundation 2015 eröffnet, das Bündner
Kunstmuseum erhielt im Juni 2016 einen neuen Erweiterungsbau, und
auch das Kunstmuseum St. Gallen wird um die Räume des Naturkunde-
museums erweitert, das einen eigenen Bau erhalten wird. Doch der Bau-
boom der Kunstmuseen ist zugleich auch Ausdruck ihrer Krise. Durch
die gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte öffnet
sich zusehends eine Schere zwischen diesen Einrichtungen und ihren
Trägerschaften. Die Gründe hierfür sind vielfältig und noch längst nicht
wissenschaftlich belegt. Der Zusammenbruch marxistisch legitimierter
Gesellschaftsordnungen im Laufe der 1980er-Jahre und die zeitgleich
einsetzende Globalisierung mit ihrer Kapitalisierung aller Gesellschafts-
bereiche spielen ebenso eine Rolle wie die technologischen Revolutionen
von Digitalisierung, Internet und sozialen Netzwerken. Seit der Finanz-
krise 2008 stehen zudem die Museen unter erhöhtem wirtschaftlichem
Druck, dem sie vermehrt durch stärkeres Engagement in der Erschlies-
sung neuer Besuchergruppen zu begegnen versuchen. In solchem Bestre-
ben werden sie durch die Politik regelrecht getrieben.
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