Mario E Broggi
Hecken und Bäumen eine beklemmende ökologische Monotonie. Vor
bald 40 Jahren hielt der Schweizerische Bund für Naturschutz (heute
Pro Natura Schweiz) fest, dass im Mittelland im Vergleich zur Zeit nach
dem Zweiten Weltkrieg nur mehr ein Prozent der Tagfalter-Populatio-
nen anzutreffen sind. Die bunten Blumenwiesen mit Margerite, Wiesen-
salbei und Glockenblume bestehen ebenfalls nur mehr auf ein bis zwei
Prozent der Flächen im Vergleich zu 50 Jahren vorher. Dazu trägt auch
ein gnadenloses Schnittregime bei. Dies führt zu Landschaften, die
nichts Anderes mehr sind als «Produktionslandschaften». Man könnte
auch von glatt gestrichenen «Botox»-Landschaften sprechen. Wird diese
umweltschädigende, fast flächendeckende Intensiv-Grünlandwirtschaft
von der breiten Öffentlichkeit toleriert? Es scheint zumindest so, als ob
das Gelb der Löwenzahnblüten und des Hahnenfusses genüge. Als Kon-
zession für eine ökologischere Landwirtschaft werden inzwischen
naturnahe Ausgleichsflächen im Ausmass von sieben Prozent auf den
Landwirtschaftsbetrieben verlangt. Sie erfüllen leider wegen der Stick-
stoffverfrachtungen ihren Zweck kaum. Im Übrigen wurden bereits im
Jahre 1989 in einer schweizerischen Nationalfondsstudie für diesen öko-
logischen Ausgleich zwölf Prozent der Landwirtschaftsflächen gefor-
dert. Die jetzige Agrarpolitik ist nicht nur ein liechtensteinisches
Umweltproblem, denn eine europaweite Umweltüberprüfung der gülti-
gen Landwirtschaftssubventionen ist überfällig. Eine mächtige Agrar-
lobby mag dies bisher verhindern. Es ist offensichtlich so, dass mit dem
Übergang von der bäuerlichen in eine postindustrielle Gesellschaft die
emotionalen Wurzeln in unserer Gesellschaft zur Scholle noch nicht
gekappt sind. Das umweltschädliche Wirken in der Agrarwirtschaft wird
noch nicht ausreichend ausserhalb der Fachwelt erkannt. Das dürfte sich
allmählich auch in Teilen der Landwirtschaft ändern, insbesondere in der
Berglandwirtschaft und bei Kleinbauern, und wird ausserhalb der Ver-
bandsstrukturen zunehmend kritischer gesehen. Liechtenstein mit sei-
nen überschaubaren Rahmenbedingungen hätte sich als wegweisendes
Modell für eine adaptierte, ökologisch verträgliche Landwirtschaftspoli-
tik betätigen können. Das Gegenteil ist bis heute der Fall.
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