Souveränität zwischen Rheinbund und Wiener Kongress
pektive von 1815 bis 1848°° fand die Thematik erstmals eine wissen-
schaftlichen Ansprüchen genügende Bearbeitung durch ausgebildete
Historiker. Diese zeichnete sich nicht allein durch eine Verbreiterung
der Quellen- und Literaturbasis aus, sondern auch durch das Bemühen
um eine neutrale, objektive Haltung.
Dabei knüpfte Malin, rund hundert Jahre nach Peter Kaiser, wieder
an die bürgerlich-emanzipatorische Erzähltradition an: «Allzudeutlich
stand dem Gewinn der Souveränität und der absoluten Regierungsge-
walt des Fürsten der Verlust der Volksrechte gegenüber». Jedoch beur-
teilte er die Person des Fürsten und die fürstliche Politik positiver und
mit mehr Verständnis. Johann I. und dessen Landvogt Josef Schuppler
würdigte er als die «Schöpfer des modernen Liechtenstein», und «den
Sturm der Mediatisierung» überdauerte das Land «allein [dank dem]
Ansehen des Fürsten Johann Liechtenstein».
Die Abschaffung des Landammannamts und der Gerichtsgemein-
den war für Malin «zum Teil» gerechtfertigt durch am Ende des 18. Jahr-
hunderts bestehende «Misstände» bei den «alten Gewohnheitsrechte[n]»,
als deren «tiefere[ ] Ursache» er aber die schon Jahrzehnte zuvor erfolgte
«Aushöhlung der alten Verfassung durch den Absolutismus» sah. Die
«fast totale Entrechtung des Volkes» durch die Neuordnung von 1808
empfand er als «gewaltigen Umsturz», ja als «Revolution von oben», wel-
che indes «Ansätze zum modernen Staat» erkennen liess.” So sorgten die
Reformgesetze der Rheinbundzeit nach Malin zwar für die «rücksichts-
lose Durchführung eines Nivellierungs- und Zentralisierungssystems»;
manches aber war doch von «segensreicher Wirkung», während anderes
gar vom «Weitblick der Obrigkeit» zeugte.” Ähnlich erkannte Paul Vogt
(*1952) in seiner eingehenden Analyse der Verwaltungsreformen eine
von «Modernisierungserscheinungen» geprägte «Neuverteilung der
50 Malin (Anm. 1); Quaderer (Anm. 24).
51 Malin (Anm. 1), S. 53, 170 f.
52 Ebd.,S.34, 38, 48, 57 f., 122. Vgl. auch Rupert Quaderer, Die Entwicklung der liech-
tensteinischen Volksrechte seit der vorabsolutistischen Zeit und der Landstände seit
1818 bis zum Revolutionsjahr 1848, in: Beiträge zur geschichtlichen Entwicklung
der politischen Volksrechte, des Parlaments und der Gerichtsbarkeit in Liechten-
stein, LPS 8, Vaduz 1981, S. 9-27, hier S. 17 f., sowie Malin, 200 Jahre (Anm. 2),
S. 232 f.: «Vor dem Fürsten lag eine flachgewalzte Untertanenschaft>.
53 Malin (Anm. 1), S. 94-125, Zitat S. 94.
161